Leben mit der Zeit: Gesunderhaltung mit der inneren Uhr
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Chronobiologie Schlafhygiene
In den frühen Morgenstunden, wenn die ersten Sonnenstrahlen auf die Erde treffen, bereitet sich der menschliche Körper auf den Tag vor. Ist der Start in den Tag erstmal geschafft, finden sich Zeiten, in denen wir fit und richtig leistungsfähig sind, aber auch Momente, in denen wir müde sind und Pausen brauchen. Gegen Abend stimmt sich unser Organismus dann langsam auf die Hauptruhephase ein. Tag für Tag bestimmt dieser Rhythmus unser Leben, wozu unzählige Vorgänge – unsichtbar – in unserem Körper gesteuert werden müssen.
Hintergrund
Seit Anbeginn unterliegt das Leben auf der Erde dem ständigen rhythmischen Wechsel von Tag und Nacht, von Licht und Dunkelheit, dem Wandel der Mondphasen und den Jahreszeiten. Im Gesunden sind alle Rhythmen im Körper aufeinander und mit den kosmischen Rhythmen abgestimmt. So ist der Körper tagsüber in erster Linie auf verschiedene Aktivitäten und den Verbrauch vorab gespeicherter Energie ausgerichtet. Während der Nachtruhe entgiftet er, repariert geschädigtes Gewebe, produziert neue Zellen und verarbeitet die Eindrücke des Erlebten. Diese Vorgänge müssen von der Ebene der Zellen bis hin zum gesamten Organismus gesteuert und in Einklang mit der Umwelt gebracht werden. Mit diesen Phänomenen beschäftigt sich die moderne Chronobiologie.
Die Chronobiologie ist definiert als die Biologie der zeitgebundenen Vorgänge: Sie befasst sich mit der zeitlichen Organisation von biologischen Systemen und untersucht Regelmäßigkeiten und rhythmisch wiederkehrende Faktoren in der Lebensweise von Individuen.
Vereinfacht ausgedrückt ist die Chronobiologie die Lehre von den inneren Uhren, die allen Lebewesen auf diesem Planeten gemeinsam sind. Denn alle Organismen – egal ob Bakterium, Pilz oder Mensch – verfügen über innere Uhren. Sie beeinflussen oder regulieren fast alle Vorgänge im Körper, von der Zellteilung bis zum Verhalten einschließlich unseres Schlaf-Wach-Rhythmus. Aufgrund der unterschiedlichen Licht- und Temperaturzyklen ergab sich schon für die ersten Lebewesen auf der Erde die Notwendigkeit, sich an ständig verändernde äußere Bedingungen anzupassen. Deshalb weisen viele Stoffwechselvorgänge tageszeitliche Schwankungen auf und können nur aufeinander abgestimmt optimal ablaufen.
Tageszeitliche Schwankungen
Die Umweltsignale, an denen sich die innere Uhr ausrichten kann, nennt man Zeitgeber. Der wichtigste Zeitgeber für den Menschen ist helles Licht, das durch den natürlichen Hell-Dunkel-Wechsel die innere Uhr rhythmisch beeinflusst. Weitere Zeitgeber sind: soziale Kontakte und Aktivitäten, körperliche Aktivitäten, Zeitpunkt und Zusammensetzung der Mahlzeiten. Der Zeitpunkt, an dem diese Zeitgeber auf uns einwirken, kann die innere Uhr in ihrem natürlichen Rhythmus unterstützen – oder aber zur Unzeit desynchronisierend wirken. Denn die Umwelt und das soziale Leben nehmen auf die innere Uhr häufig keine Rücksicht und geben uns stattdessen einen Takt vor, der oft nicht im Einklang mit der eigenen „inneren Zeit“ ist. Ein solches Leben kann unseren Organismus schwächen und Krankheiten begünstigen.
Die Herz-Kreislauftätigkeit schwankt im Verlaufe des Tages
Die innere Uhr besteht aus vielen kleinen zellulären Uhren, die den Funktionsrhythmus der einzelnen Organe steuern, und einer übergeordneten Schaltzentrale, die im Gehirn etwas oberhalb der Kreuzung der Sehnerven sitzt. Sie steuert beispielsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus bestimmt. Aber auch unsere Körperfunktionen wie Temperatur, Herzschlag, Atemtätigkeit und Blutdruck verändern sich in Abhängigkeit mit den Tageszeiten: Ein Absinken der Körpertemperatur am Abend bereitet uns auf die Nachtruhe vor. Ebenso schwankt die Herz-Kreislauftätigkeit im Laufe des Tages: Pulsfrequenz und Blutdruck durchlaufen am frühen Morgen die tiefsten Werte und am frühen Nachmittag die höchsten. Die Atemfrequenz sinkt auf ein Minimum im Bereich von drei Uhr nachts und steigt in der folgenden Tageshälfte wieder an (siehe Abbildung).
Jeder kann es an sich selbst beobachten: Die geistige Leistungsfähigkeit und die körperliche Belastbarkeit sind von der Tageszeit abhängig. Auch wissen wir inzwischen, dass der Körper auf Umweltreize zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich reagiert, seine Schmerzempfindung unterschiedlich stark ausgeprägt ist und auch Medikamente nicht zu jeder Tageszeit gleich wirken.
Allerdings tickt bei jedem Menschen die innere biologische Uhr individuell – jeder ist in einem eigenen Rhythmus mit seiner Umwelt synchronisiert. Das bezeichnet man als Chronotypus (gr. chronos = Zeit). Man unterscheidet zwischen:
- Den Frühaufstehern (Lerchen genannt). Sie stehen früh morgens auf und sind sofort topfit, werden abends allerdings auch früher müde. Ihnen kommt der frühe Schul- und Arbeitszeitbeginn entgegen, Nachtschichten hingegen verkraften sie nur sehr schlecht.
- Und den Langschläfern (Eulen genannt), die dafür abends noch hell wach sind, sich zu dieser Zeit noch gut konzentrieren können und nicht selten die Nacht zum Tage machen. Als Nachtwächter sind sie prima geeignet, für eine Frühschicht hingegen taugen sie kaum und verbrauchen ihre Energie in den ersten beiden Schulstunden meist nur im Kampf gegen den Schlaf. Sie machen den größeren Teil der Bevölkerung aus, werden aber in dem oft vorgegebenen morgenbetonten Lebensrhythmus meist benachteiligt.
- Und schließlich den Normaltypen, die irgendwo dazwischen liegen. Sie können sich meist in beide Richtungen noch recht gut anpassen.
Eule oder Lerche?
Wir wissen inzwischen, dass der Chronotyp genetisch festgelegt ist und auch, dass er sich im Laufe eines Lebens charakteristisch verändert. In der Kindheit findet sich häufiger ein Morgentypus sehr zur Freude der oft noch müden Eltern. Das verschiebt sich aber mit der Pubertät um nahezu vier Stunden nach hinten und auf einmal sind die Jugendlichen morgens kaum noch zu wecken. Ganz langsam entwickelt sich dieses ausgeprägte Abendtypmuster in den nächsten Jahrzehnten wieder zurück, so dass es meist gegen das 60. Lebensjahr etwa das Ausgangsniveau wieder erreicht und sich dann nicht mehr wesentlich verändert. Wenn Sie Ihren Chronotyp bestimmen wollen, können Sie das im Internet z.B. unter http://euclock.org tun.
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