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Der Einfluss des Mondes auf Schlaf und Menstruation

Mondphasen und Chronobiologie

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Chronobiologie Schlafhygiene

Der Glaube, dass es einen Zusammenhang zwischen Mondphasen und den menschlichen Biorhythmen gibt, ist als kulturelles Erbe der Menschheit einzuordnen, das über Jahrtausende in diversen Traditionen weltweit überliefert wurde.

Während für die Chronobiologie von diversen Tierarten der Einfluss des Mondes sowohl auf das Fortpflanzungsverhalten als auch auf das Jagdverhalten eindeutig nachweisbar ist (1), bleibt der Einfluss des Mondes auf die menschliche Chronobiologie umstritten. Diverse Studien zu dem Zusammenhang von Vollmond und Schlafrhythmus wurden bereits durchgeführt, doch die Ergebnisse sind widersprüchlich. In zwei aktuellen Studien aus dem Jahre 2021 wird der Einfluss der Mondphasen auf den Schlafrhythmus und den Menstruationszyklus untersucht, die im Folgenden kurz diskutiert werden.

Mondphasen und Schlafverhalten

Der Einfluss des Vollmonds auf das Schlafverhalten wurde in einer amerikanischen Studie an drei verschiedenen Gruppen, die in Gebieten mit unterschiedlichem Einfluss elektrischer Lichtquellen leben, untersucht. Als Studienpopulation nahmen indigene Menschen der Toba (bedeutendste Ethnie der Guaycurú-Indianer) an der Studie teil. Zur Aufzeichnung der Schlafrhythmen erhielten die Studienteilnehmer eine elektronische Armbanduhr, die die Bewegungsdaten überwachte. Die Teilnehmer füllten außerdem während ihrer Teilnahme ein Schlaftagebuch aus, in dem sie Zeit und Ort des Schlafes aufzeichneten. Die drei Toba Gemeinschaften, die an der Studie teilnahmen, wohnten entweder (i) in einer kleinen Gruppe ohne organisierte Siedlung und ohne Zugang zu elektrischem Licht, (ii) in einer Gemeinschaft, die außerhalb einer 19.000 Einwohnerstadt angesiedelt ist, mit 24-Stunden-Zugang zu elektrischem Licht und städtischer Straßenbeleuchtung, oder (iii) in einer Siedlung außerhalb städtischer Organisation mit 24-Studen Zugang zu elektrischem Licht, allerdings ohne nächtliche Außenbeleuchtung.

Die einzelnen Phasen der Schlafdauer und auch der Zeitpunkt des Einschlafens zeigten eine deutliche Veränderung in den Tagen vor dem Vollmond, die Studienteilnehmer schliefen später ein und die Schlafdauer war verkürzt. Sowohl die Schlafdauer als auch der Schlafbeginn wurde somit in allen drei Gruppen durch den Vollmond verändert: Die Schlafdauer war um 20 bis 90 Minuten kürzer in der Vollmondphase. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass selbst eine Änderung von etwa einer halben Stunde in der Dauer und dem Zeitpunkt des Schlafes, biologisch relevant ist.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass im Rahmen dieser Studie ein Zusammenhang zwischen Mondphasen und Schlafparametern beobachtet wurde, und dies nicht nur in ländlichen Gegenden mit wenig elektrischer Lichtbelastung, sondern auch in städtischen Bereichen, wie sowohl in einer Gruppe der städtisch lebenden Toba als auch die Analyse des Schlafverhaltens von 464 Studenten der Universität Washington, deren Daten aus dem Schlaflabor ebenfalls in dieser Studie ausgewertet wurden, zeigten. Die Resultate lassen vermuten, dass die Schlafzeit unter einer Reihe von Lebensumständen mit dem Mondzyklus synchronisiert ist. Die Auswirkungen des Mondphaseneffekts auf die Schlafparameter scheint umso stärker zu sein, je eingeschränkter der Zugang zu elektrischem Licht ist. Die Forschenden führen dies nicht ausschließlich auf die nächtliche Beleuchtungsstärke in Vollmondnächten, sondern ebenfalls auf den gravimetrischen Einfluss des Mondes zurück. (2)

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ISBN: 978-3-96562-020-9
Erscheinungsjahr: 2020, 3. Aufl.

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Einfluss des Mondes auf den Menstruationszyklus

Der Zusammenhang von Mondphasen und Menstruationszyklus wurde in einer Studie untersucht, die die Langzeitdaten von 22 Frauen über einen Zeitraum von 32 Jahren analysiert haben. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass bei jüngeren Frauen (<35) ein größere Synchronizität mit den Mondzyklen feststellbar ist, als bei älteren Frauen. Der stärkste Zusammenhang zwischen Mondphasen und Menstruationszyklus ist bei einer weiblichen Zykluslänge von 29,5 Tagen feststellbar, wobei der Beginn der Menstruation auf die Vollmondphase fällt. Bezüglich der Fruchtbarkeit legen die Ergebnisse der Studie die Vermutung nahe, dass die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöht ist, wenn die Periode mit den Mondphasen synchronisiert ist.  

Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass aus den erhobenen Daten keine eindeutigen Kausalbeziehungen abgeleitet werden können, doch ist zu berücksichtigen, dass ein plausibler Zusammenhang zwischen dem Mondzyklus und dem Menstruationszyklus von Frauen besteht. Als bedeutsame chronobiologische Einflüsse wurden sowohl das Mondlicht als auch die lunare Gravitation herausgestellt, die nicht nur über die Studienteilnehmerinnen hinweg, sondern auch innerhalb der einzelnen Menstruationszyklen der Frauen im Verlaufe der Zeit feststellbar war. Die Beobachtung, dass die Menstruation kurz vor dem Vollmond einsetzt, ist laut Studienleitern auf die veränderten Lichtverhältnisse zurückzuführen, da um die Vollmondnächte der Mond in den Abendstunden hell scheint, wenn die Frauen noch wach sind und folglich mit größerer Wahrscheinlichkeit dem Mond ausgesetzt sind. Die Beobachtung, dass die Gravitation als Zeitgeber auf den Menschen wirkt, könnte erklären, warum sich Menstruationszyklen, Stimmungszyklen und Zyklen des Schlafbeginns und der Schlafdauer zeitlich entweder in der Nähe des Vollmondes oder in der Nähe des Neumondes koppeln, da in beiden Phasen der gravimetrische Einfluss des Mondes auf die Erde ähnlich ist. (3)

Foto Professor Andreas Michalsen | © Anja Lehmann
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Resümee

Eine Einschränkung der Beobachtungsstudien ist, dass eine strikte Kausalität nicht festgestellt werden kann. Dennoch ist anhand beider Studien ein deutlicher Zusammenhang von Vollmondphasen und menschlicher Chronobiologie hinsichtlich Schlafrhythmen und Menstruationszyklen erkennbar. Während in der Studie zum Schlafverhalten in Vollmondnächten ein lediglich geringer Unterschied zwischen ländlichen Gegenden ohne nächtliche Beleuchtung und städtischen Gebieten mit hoher Lichtbelastung festgestellt wurde, zeigte sich in der Studie zum Menstruationszyklus, dass insbesondere hohe Lichtverschmutzung im städtischen Umfeld sowie die nächtliche Beleuchtung der eigenen Wohnung einen messbaren Einfluss auf den Menstruationszyklus haben. Zusammengenommen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Schlafverhalten und Menstruationszyklen mit den Mondphasen synchronisiert sind, unabhängig von ethnischem und soziokulturellem Hintergrund. In beiden Studien wurde darauf verwiesen, dass nicht allein die Lichtverhältnisse in den Vollmondnächten, sondern auch der gravimetrische Einfluss des Mondes auf den Menschen zu berücksichtigen sind.

Literatur

(1) Kronfeld-Schor, N., Dominoni, D., De la Iglesia, H., Levy, O., Herzog, E. D., Dayan, T., & Helfrich-Forster, C. (2013). Chronobiology by moonlight. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 280(1765), 20123088. Link

(2) Casiraghi, L., Spiousas, I., Dunster, G. P., McGlothlen, K., Fernández-Duque, E., Valeggia, C., & Horacio, O. (2021). Moonstruck sleep: Synchronization of human sleep with the moon cycle under field conditions. Science Advances, 7(5), eabe0465. Link

(3) Helfrich-Förster, C., Monecke, S., Spiousas, I., Hovestadt, T., Mitesser, O., & Wehr, T. A. (2021). Women temporarily synchronize their menstrual cycles with the luminance and gravimetric cycles of the Moon. Science Advances, 7(5), eabe1358. Link

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Ursula Heim, M.A.
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Pressesprecherin i.V.

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