Komplementäre und
Integrative Medizin
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Forschungsprojekt erfolgreich: MBLM bei stressassoziierten Erkrankungen in Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Carstens-Stiftung gratuliert PD Dr. Holger C. Bringmann zur Habilitation

Forschungsprojekt erfolgreich: MBLM bei stressassoziierten Erkrankungen in Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

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Integrative Medizin Forschung Depression

Mit ihrem Habilitationsprogramm möchte die Carstens-Stiftung Erkenntnisse zur Prävention und Behandlung von Zivilisationskrankheiten gewinnen und gleichzeitig die Nachwuchslücke in der universitären Komplementär- und Integrativmedizin (KIM) schließen. Privatdozent Dr. Holger C. Bringmann hat nun als dritter von sechs Geförderten seine Habilitation erfolgreich abgeschlossen. Er entwickelte ein second generation Mind-Body-Programm, das Menschen mit Depressionen und chronischen Schmerzen hilft und sich gleichzeitig für Gesunde zur seelischen Entfaltung eignet.

Psychische Gesundheit stellt eine der zentralen Herausforderungen für das Gesundheitssystem des 21. Jahrhunderts dar. Die Prävalenz psychischer Erkrankungen nimmt weltweit zu, der Behandlungsbedarf steigt, Nutzen und Sicherheit pharmakologischer Interventionen sind jedoch begrenzt. Wirksame nicht-medikamentöse Therapieansätze werden dringend benötigt.

Verfahren der Mind-Body-Medizin, etwa körperbetontes Yoga oder achtsamkeitsbasierte Übungen, sind wissenschaftlich gut belegt und sehr gefragt. In der Regel kommen diese Verfahren allerdings weitgehend losgelöst von ihren ursprünglichen Traditionen des Yoga, Ayurveda oder Buddhismus und somit isoliert und unvollständig zum Einsatz. Mit der Meditationsbasierten Lebensstilmodifikation (MBLM) hat PD Dr. Holger C. Bringmann nun ein Mind-Body-Programm entwickelt, das über die bisherige Dekontextualisierung und Säkularisierung traditioneller fernöstlicher Praktiken hinausgeht – indem es ihre ethischen und spirituellen Aspekte gezielt integriert.

Mind-Body-Programm der zweiten Generation

Die Meditationsbasierte Lebensstilmodifikation ist komplexer als ihre Vorgänger. Ihr zentrales Fundament stellt der achtfache Pfad des Yoga nach Patanjali dar, welcher neben Körperhaltungen zusätzlich ethische Prinzipien (Yamas, Niyamas), Atemkontrolle (Pranayama) und Meditationstechniken (Prathyahara, Dharana, Dhyana, Samadhi) einschließt. „Es geht darum, wie ich nicht nur ein gesundes, sondern ein tief erfüllendes Leben lebe, in dem ich mein individuelles Potenzial als Mensch zum Wohle aller zum Ausdruck bringe“, so PD Dr. Holger C. Bringmann. Ziel ist demnach tiefe Erkenntnis über sich selbst und die Welt, die nur aus der Stille des Geistes und Kontakt mit dem Innersten entstehen kann – ein guter Umgang mit Stress und psychische Ausgeglichenheit sind dann konsequente Folgen daraus. Und diese lassen sich therapeutisch nutzen. PD Dr. Bringmann konnte dies im Rahmen seiner Habilitation (1) belegen.
 

Privatdozent Dr. Holger C. Bringmann

Es geht darum, wie ich nicht nur ein gesundes, sondern ein tief erfüllendes Leben lebe, in dem ich mein individuelles Potenzial als Mensch zum Wohle aller zum Ausdruck bringe.

PD Dr. med. Holger C. Bringmann

MBLM bei Depression

Bei ambulant behandelten PatientInnen mit leichter bis mittelschwerer Depression zeigte MBLM signifikante Verbesserungen der depressiven Symptome. (2,3) In einer qualitativen Subgruppen-Analyse spiegelten sich in den Erfahrungen der Teilnehmenden besonders die Themen „Neubewertung“, „Gelassenheit“ und „achtsame Lebensweise“ wider, was auf ein gesteigertes Wohlbefinden und eine neu erworbene ethisch geprägte Lebensanschauung hindeutet. Die PatientInnen, die am MBLM-Programm teilgenommen hatten, gaben in der Selbsteinschätzung signifikante und anhaltende Verbesserungen der Depression, psychosomatischen Symptome und Stress an, mit mittlerer bis großer Effektstärke im Vergleich zu den anderen Behandlungsgruppen. So wies nach acht Wochen die MBLM-Gruppe eine Reduktion des Depressions-Levels um 49% auf, während in der Gruppe mit Standardtherapie lediglich 13% erreicht wurden. Dieser Effekt hielt auch über die Nachbeobachtungszeit an: Nach sechs Monaten lag die Reduktion des Depressions-Levels in der MBLM-Gruppe noch immer bei 47%. Damit hat sich MBLM in der Behandlung von Depressionen sowohl gegenüber konventionellen Yoga- oder meditativen Übungen als auch der multimodalen Standardtherapie mit Medikation und Psychotherapie als überlegen erwiesen.

MBLM bei chronischem Schmerz

In einer weiteren Studie wurde MBLM bei PatientInnen mit chronischen Schmerzen, insbesondere Rückenschmerzen, Fibromyalgie und Migräne, eingesetzt. (4) Die ProbandInnen nahmen das Programm gut an, absolvierten täglich Übungen zur Lebensethik, Yoga und Meditation. Insgesamt konnte eine kleine, aber dennoch signifikante Verbesserung festgestellt werden. Die Reduktion der Schmerzintensitäts-Spitzen variierte dabei von leicht bis hin zu stark. Die schmerzbezogene Selbstwirksamkeit und das allgemeine Wohlbefinden erfuhren eine signifikante mittlere Verbesserung.

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MBLM für Gesunde

Da MBLM nicht allein auf die Linderung von Krankheitssymptomen abzielt sondern im Grunde genommen viel weitreichender darauf, ein „harmonischerer“ Mensch zu sein, wurde es auch an Gesunden geprüft. (5) Dabei wurde besonderes Augenmerk auf den jeweiligen Stellenwert der verschiedenen Domänen der MBLM – Lebensethik, körperorientiertes Yoga und spirituelle Mantra-Meditation – gelegt. Diese wurden einzeln und in verschiedenen Konfigurationen getestet. Die Teilnehmenden zeigten durchweg ein gesteigertes Wohlbefinden, die größte Steigerung wurde jedoch bei denjenigen beobachtet, die die Komponente Lebensethik implementiert hatten. Diese Komponente, die ja ein Unterscheidungsmerkmal von MBLM im Vergleich mit Verfahren der ersten Generation darstellt, spielt demnach eine große Rolle für ihre Effektivität. In Konfigurationen mit körperbetontem Yoga sanken wiederum besonders deutlich die Stress-Level. So konnte gleichzeitig gezeigt werden, dass die Komponenten einen synergistischen, inkrementellen Effekt haben – MBLM wirkt am besten in seiner Gesamtheit.

„Wir können Interventionen verbessern“, so PD Dr. Bringmann, „wenn wir integraler, ganzheitlicher schauen, wie die Menschen es damals gemeint und gelebt haben. Dann werden wir möglicherweise – MBLM deutet schon darauf hin – auch noch viele weitere gesundheitsfördernde Faktoren finden, insbesondere wenn man auch die eudaimonische und spirituelle Gesundheit einbezieht.“

PD Dr. med. Holger C. Bringmann

ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Kognitionswissenschaftler (B.Sc.). Als leitender Oberarzt zweier Tageskliniken des Krankenhauses Spremberg setzt er integrativ-medizinische Konzepte therapeutisch ein und ist mit seinem Schwerpunkt Mind-Body-Medizin im Rahmen der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde des Instituts für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité Universitätsmedizin Berlin in der Forschung tätig. Er arbeitet seit 2008 als klinisch tätiger Arzt in den Bereichen Neurologie und Psychiatrie und promovierte im Fachgebiet der Psycho-Onkologie. Fort- und Weiterbildungen in verschiedenen komplementärmedizinischen Therapieverfahren sowie ein mehrjähriger Studienaufenthalt in Indien fundieren seinen heutigen Praxis-und Forschungsschwerpunkt im Bereich der integrativen seelischen Gesundheit.

Literatur zu "Forschungsprojekt erfolgreich: MBLM bei stressassoziierten Erkrankungen in Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie"

1) Bringmann, Holger C.: Meditationsbasierte Lebensstilmodifikation: Ein Mind-Body-Programm für stressassoziierte Erkrankungen in Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Habilitationsschrift, Charité - Universitätsmedizin Berlin, 2024. Link

2) Bringmann HC, Michalsen A, Jeitler M, et al. Meditation‐based lifestyle modification in mild to moderate depression—A randomized controlled trial. Depress Anxiety. 2022;39(5):363-375. doi:10.1002/da.23249. Link

3) Bringmann HC, Vennemann J, Gross J, Matko K, Sedlmeier P. “To Be Finally at Peace with Myself”: A Qualitative Study Reflecting Experiences of the Meditation-Based Lifestyle Modification Program in Mild-to-Moderate Depression. J Altern Complement Med. 2021;27(9):786-795. doi:10.1089/acm.2021.0038. Link

4) Matko K, Burzynski M, Pilhatsch M, Brinkhaus B, Michalsen A, Bringmann HC. How Does Meditation-Based Lifestyle Modification Affect Pain Intensity, Pain Self-Efficacy, and Quality of Life in Chronic Pain Patients? An Experimental Single-Case Study. J Clin Med. 2023;12(11):3778. doi:10.3390/jcm12113778. Link

5) Matko K, Sedlmeier P, Bringmann HC. Differential Effects of Ethical Education, Physical Hatha Yoga, and Mantra Meditation on Well-Being and Stress in Healthy Participants—An Experimental Single-Case Study. Front Psychol. 2021;12(August):1-24. doi:10.3389/fpsyg.2021.67230. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61