Komplementäre und
Integrative Medizin
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Dr. Michael Teut: Über kritische Debattenkultur im medizinischen U
40 Jahre Karl und Veronica Carstens-Stiftung

Über kritische Debattenkultur im medizinischen Umfeld

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Veröffentlicht am
Integrative Medizin Naturheilkunde

PD Dr. med. Michael Teut, im Artikelbild mit Frau Professorin Claudia Witt 2007 auf dem Projektleitersymposium der Carstens-Stiftung, ist Facharzt für Allgemeinmedizin, spezialisiert auf Integrative Medizin, Zusatzbezeichnung Homöopathie, er arbeitet als Arzt und Wissenschaftler an der Hochschulambulanz für Naturheilkunde der Charité Universitätsmedizin Berlin und in eigener Praxis.

Integrative Medizin spielt in der universitären Ausbildung angehender ÄrztInnen kaum eine Rolle. Welche Bedeutung hat vor diesem Hintergrund die Nachwuchsförderung der Carstens-Stiftung?

1994 bin ich erstmals als Medizinstudent auf das Wilseder Forum in die Lüneburger Heide gefahren. Die Carstens-Stiftung hat damals Medizinstudenten aus ganz Deutschland dorthin eingeladen und die Kosten für die Tagung erstattet. Auf den Foren haben wir uns intensiv vor allem mit Homöopathie, aber auch mit anderen alternativen Therapiemethoden beschäftigt. Das ist bis heute eine einmalige Chance und Möglichkeit geblieben! Das Programm wurde von den gewählten studentischen Sprechern des Forums in Absprache mit der Stiftung erstellt. Einmalig war es, dass dort einerseits neugierig alles angeschaut und diskutiert wurde, andererseits aber auch die Prinzipien der wissenschaftlichen Analyse rigoros zur Anwendung kamen. Auf diese Weise sind mehrere Generationen von Medizinstudenten mit wissenschaftlichen Arbeitsweisen vertraut gemacht worden und haben sich zugleich für komplementäre Therapien interessiert. Das ist ein unschätzbarer Impuls, den viele mit in ihre spätere Arbeit als Humanmediziner und Tierärzte genommen haben. Außerdem sind viele Freundschaften und Netzwerke entstanden, die bis heute nachwirken. 

Nicht zuletzt sind aus der Nachwuchsarbeit auch jede Menge Doktorarbeiten entstanden, an deren Erstellung und wissenschaftlicher Begleitung die Stiftung durch ihr Nachwuchsprogramm eng beteiligt war. Aufgebaut hatte das Programm der damalige Geschäftsführer Dr. Henning Albrecht mit Frau Dr. Carstens und dem ganzen Stiftungsteam: Für ihre Weitsicht ist ihnen heute zu danken!

Naturheilkunde bei Demenz
Podcast mit Dr. Michael Teut, Vortrag am 28.10.2011

Was ist eine Demenz?
Was ist im Rahmen der Selbsthilfe möglich?

»Von der wissenschaftlichen Sensibilisierung profitieren heute auch die Patienten.«

Die Stiftung stellte über viele Jahre auch die wissenschaftliche Begleitung von Doktoranden durch Frau Dr. Beate Stock-Schröer und den Biometriker Rainer Lüdtke sicher. Es war über Jahrzehnte schwierig, für komplementärmedizinische Doktorarbeiten Betreuer an den medizinischen Fakultäten zu finden. Diese Lücke hat die Stiftung ausgeglichen. Die Akademisierung und wissenschaftliche Verankerung der Komplementärmedizin, die wir heute in Deutschland sehen, wäre ohne die Förderaktivitäten der Carstens-Stiftung so nicht eingetreten. Viele Haus- und Fachärzte, die heute Patienten mit Komplementärmedizin behandeln, sind durch die Carstens-Stiftung auch für die Wissenschaft sensibilisiert worden, wovon ihre Patienten profitieren.

Welche Erlebnisse sind Ihnen aus Nachwuchs-Veranstaltungen der Carstens-Stiftung besonders in Erinnerung geblieben?

Legendär waren die bunten Abende auf dem Wilseder Forum. Dort wurden die Tagungsthemen in Sketchen und Theaterstücken umgedeutet und alle hatten jede Menge Spaß. 
Legendär sind auch die „Drei Fragezeichen“ Vorträge von Dr. Henning Albrecht. Hier wurden wichtige Fragen der Homöopathie, Forschung und Komplementärmedizin auf unvoreingenommene und radikale Art und Weise auf der Basis von drei offenen Fragen unter die Lupe genommen und im Plenum ausgiebig und lange diskutiert. Diese offene und kritische Debattenkultur habe ich im medizinischen Umfeld so nirgendwo mehr erlebt.

Heilpflanzen zur Selbsthilfe
Podcast mit Dr. Michael Teut, Vortrag am 28.10.2011

Arzneischätze vom Wegesrand: Rezepturen, Zubereitung und Anwendung.  

Lassen Sie uns auf die nächsten 40 Jahre schauen: Welche Entwicklung sehen Sie im Bereich der Integrativen Medizin und was muss dafür im Bereich des ärztlichen und wissenschaftlichen Nachwuchses getan werden? Was bedeutet für Sie eine Medizin der Zukunft?

Das Medizinstudium heute erscheint mir noch verschulter geworden zu sein, mit noch mehr Präsenzpflichten, was leider weniger Raum für „das Andere“ offen hält. Dabei profitiert man so davon, die Dinge einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und zu erfahren. 
Ich wünsche mir, dass die Stiftung sich hier weiter engagiert, um Studenten zu ermöglichen, ihren Horizont durch „das Andere“ zu erweitern, Gleichgesinnte und Interessierte kennenzulernen, dass Neugier und zugleich wissenschaftliches und kritisches Denken gefördert wird. 
Das Interesse der Studenten ist heute mehr auf asiatische Medizin (TCM, Ayurveda) und Mindbody-Medizin als auf Homöopathie ausgerichtet (Yoga, Meditation, Hypnose). 
Ich denke, dass der Ansatz der Integrativen Medizin sich in der Zukunft zunehmend durchsetzen wird, wo wissenschaftlich belegte Methoden in die Schulmedizin integriert werden. Es wird aber immer genug Raum für Neugier und „das Andere“ geben.

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Teut

ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Zusatzbezeichnung Homöopathie, Homöopathie Diplom DZVHAE, Qualifikation Ernährungsmedizin (Curriculum BÄK). Diplom Medizinische Hypnose/Hypnotherapie (Zertifikat DGH). Prüfarzt für Klinische Studien.

Studium der Humanmedizin in Göttingen und Leiden (NL), begleitend Ausbildung in Klassischer Homöopathie und Phytotherapie. Forschungstätigkeit zu Homöopathie, Naturheilkunde, Schröpfen, Achtsamkeit, Hypnose, Geriatrie, Promotion zur Neuroimmunologie der Multiplen Sklerose.

Seit 2007 klinische und wissenschaftliche Tätigkeit am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité, Universitätsmedizin Berlin, als Oberarzt in der Charité Hochschulambulanz für Naturheilkunde Mitte, Leitung des Charité Seminarzentrums für Prävention und Integrative Medizin (2007-2018). Habilitation an der Charité Universitätsmedizin Berlin (2021).

Dr. Teut ist Vertrauensarzt von Natur und Medizin e.V., dem Förderverein der Karl und Veronica Carstens-Stiftung.

Im KVC Verlag sind mehrere Bücher von Dr. Michael Teut erschienen. 

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