Komplementäre und
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Querschnittsstudie: Rosenkranz, Spiritualität und Wohlbefinden

Querschnittsstudie: Rosenkranz, Spiritualität und Wohlbefinden

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Mind-Body-Medizin Achtsamkeit

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass das Praktizieren des Rosenkranz-Gebets ähnliche gesundheitliche Effekte haben könnte wie andere Formen der Meditation. So gaben in einer qualitativen Interviewstudie (2) zehn Befragte an, dass das Beten bei ihnen Gefühle der „Entspannung“, des „inneren Friedens“ oder auch „Seelenruhe“ auslöse. Auf diese kleine Pilotstudie baut nun eine größer angelegte Querschnittsstudie (1) auf, die den Zusammenhang zwischen Religiosität/Spiritualität und Wohlbefinden tiefer untersucht. Das Projekt wurde von der Carstens-Stiftung gefördert.

Soziodemographische Merkmale

Insgesamt 164 ProbandInnen nahmen vollständig an der Online-Befragung teil. Das Alter lag zu 50.6% zwischen 40-59 Jahren, zu 32.5% zwischen 60-79 Jahren und 61% waren Frauen. Die überwiegende Mehrheit, 92.4% der Teilnehmenden, waren römisch-katholischen Glaubens.

Ausübung des Gebets

42.7% der Teilnehmenden gaben an, den Rosenkranz regelmäßig, d.h. täglich oder mehrmals in der Woche, zu beten, während 57.3% unregelmäßig oder selten beteten. In 70.7% der Fälle kam das klassische Rosenkranz-Gebet mit 59 Perlen zum Einsatz, gefolgt vom Fingerrosenkranz mit 22.6%. Circa ein Drittel der Befragten betet hauptsächlich in Gruppen, etwa Gebetskreisen.

Erfahrungen während des Gebets

Die geschilderten körperlichen Erfahrungen während des Gebets sind im Wesentlichen assoziiert mit rhythmischer Atmung (50.6%), Verlangsamung der Atmung (42.7%), Entspannung (53%) und Wahrnehmung der Gebetsperlen, die durch die Finger gleiten (63.4%). Spirituelle Erfahrungen beinhalten das Gefühl, in einen heiligen Raum einzutreten (34.1%) und das Spüren einer göttlichen Gegenwart (36%). Zu den wichtigsten emotionalen Erfahrungen zählen, zu einer inneren Ruhe zu kommen (71.9%) und sich glücklicher zu fühlen (42.1%); als kognitive Erfahrung wurde das Vergessen von Sorgen genannt (41.5%).

Transpersonales Vertrauen

Die Teilnehmenden wurden zu ihrem transpersonalen Vertrauen, d.h. zu ihrem Vertrauen in etwas Transzendentes, eine höhere Existenz oder Gott, befragt. Aus den Antworten ließ sich eine Skala von 1 (niedrig) bis 5 (hoch) erstellen. Im Mittel lag der Wert bei 4.40±0.91. 60.4% der Befragten gab an, an eine höhere Existenz/Gott zu glauben, der/dem sie sich anvertrauen könnten und 50.6% fühlten sich mit Gott verbunden.

Für viele Menschen ist das Vertrauen in Gott eine wichtige Strategie, mit schwierigen oder belastenden Situationen umzugehen. Diese Strategie kann jedoch unterschiedlich umgesetzt werden. 40.3% der Befragten stimmen zu, die Lösung ihres Problems vollständig in Gottes Hände zu legen, 48.8% gehen von einem Zusammenspiel göttlicher und menschlicher Handlungen aus. 56.7% fahren auch dann zuversichtlich mit dem Beten fort, wenn sich keine Lösung ihres Problems ergibt.

Gotteserfahrung

Auf dieser Skala von 1-5 lag der mittlere Wert bei 3.46±0.86. Das Gefühl, dass Gott präsent sei, stellt sich bei 51% der Teilnehmenden häufig oder sehr häufig ein. 36% haben außerdem oft oder sehr oft das Gefühl, dass Gott ihnen etwas mitteilen möchte.

Spirituelle Bedeutung

79% der Befragten stimmten der Aussage zu, dass ihre Spiritualität ihrem Leben Sinn und Bedeutung verleiht. Der mittlere Wert auf der Skala von 1-5 lag hier bei 4.16±0.86.

Religiosität/Spiritualität

Aus den drei zuvor genannten Skalen – Transpersonales Vertrauen, Gotteserfahrung, Spirituelle Bedeutung – konnte zusammenfassend eine weitere gebildet werden: Religiosität/Spiritualität. Der mittlere Wert lag hier bei 4.0±0.78. 82.5% der Teilnehmenden schätzten sich als ziemlich bis sehr religiös/spirituell ein.

Wohlbefinden

60.1% der Befragten beschreiben sich als körperlich gesund, 57.3% fühlen sich im Einklang mit ihrem Körper und 56.6% halten sich für ausgeglichen. Nur wenige beschreiben problematische Aspekte wie depressive Stimmung (10.4%), andauernde Schmerzen (12.2%) oder Enttäuschung durch Mitmenschen (7.3%). Auf der Skala von 1-5 liegt der mittlere Wert für Wohlbefinden damit bei 3.88±0.68.

Korrelation von Religiosität/Spiritualität und Wohlbefinden

Wie hängen Religiosität/Spiritualität und Wohlbefinden aber nun zusammen bzw. inwiefern wirkt sich die Erfahrung während des Betens darauf aus? Um diese Frage zu beantworten, wurde u.a. eine Moderationsanalyse durchgeführt. Zunächst wurden aus der Gesamtpopulation zwei Gruppen gebildet: Teilnehmende, die nur wenig von positiven Erfahrungen während des Gebets berichteten versus Teilnehmende, die in hohem Maße von positiven Erfahrungen während des Gebets berichteten. Hier zeigte sich ein deutlicher Unterschied, der nahelegt, dass die Verbindung zwischen Religiosität/Spiritualität und Wohlbefinden bei der zweiten Gruppe stärker ist – also bei denjenigen Menschen, die mit dem Gebet positive Erfahrungen verbinden. Dies bestätigte sich mittels sogenannter hierarchischer Regressionsanalyse (Model 2): Die Interaktion von Religiosität/Spiritualität und Erfahrung während des Gebets war hier nicht nur ein signifikanter Prädiktor von Wohlbefinden, sondern auch der einzige signifikante.

Mit anderen Worten: Nur bei Menschen, die in hohem Maße von positiven Gebetserfahrungen berichten, ist eine zunehmende Religiosität/Spiritualität mit höherem Wohlbefinden assoziiert. Nochmals anders ausgedrückt: Positive Gebetserfahrungen wirken möglicherweise wie eine Bestätigung der „Wirksamkeit“ des eigenen Glaubens und dies wirkt möglicherweise wiederum wie ein Verstärker auf die Verbindung zwischen Religiosität/Spiritualität und Wohlbefinden.

Einschätzung

Wie schon die Pilotstudie nahelegte, zeigt sich auch hier bestätigt, dass das Rosenkranz-Beten ein Mittel darstellen kann, aktiv etwas für seine eigene Gesundheit zu tun – auch wenn man gleichzeitig akzeptiert, nicht die volle Kontrolle über Krankheit oder Tod zu haben. Darin kann ein Aspekt der Erleichterung liegen. Ausschlaggebend scheint hierbei jedoch nicht die religiöse oder spirituelle Praxis per se zu sein, sondern vielmehr wie diese Praxis subjektiv empfunden wird. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass hier eine für ganz Deutschland atypische Stichprobe untersucht wurde, nämlich eine in hohem Maße religiöse/spirituelle.

Die AutorInnen räumen selbst ein, dass die hierarchische Regressionsanalyse nur 7.6% der Varianz des Kriteriums Wohlbefinden erklärt – es scheinen demnach neben der Interaktion von Religiosität/Spiritualität und Gebetserfahrung also auch noch weitere, vielleicht sogar stärkere Determinanten von Wohlbefinden denkbar.

Zukünftige Studien könnten z.B. Variablen wie die Häufigkeit des Gebets, die Dauer des Gebets oder andere als Moderatoren für die Verbindung zwischen Religiosität/Spiritualität und Wohlbefinden miteinbeziehen.

Dann sollten auch die Schwächen der vorliegenden Arbeit vermieden werden. Zu diesen zählen etwa die relativ geringe ProbandInnenzahl oder die Tatsache, dass an der Online-Umfrage nur Menschen mit Internet-Zugang bzw. -Affinität teilnehmen konnten.

Literatur zu "Querschnittsstudie: Rosenkranz, Spiritualität und Wohlbefinden"

1) Teut M, Brinkhaus B, Stöckigt B, Binting S, Elies MK, Zwingmann C, Jeserich F. Religion, Spirituality, Well-Being and Praying the Rosary: Results of a Cross-Sectional Study from Germany. J Relig Health. 2024 Dec 14. doi: 10.1007/s10943-024-02210-5. Epub ahead of print. PMID: 39674859. Link

2) Stöckigt B, Jeserich F, Walach H, Elies M, Brinkhaus B, Teut M. Experiences and Perceived Effects of Rosary Praying: A Qualitative Study. J Relig Health. 2021 Jun 9. doi: 10.1007/s10943-021-01299-2. Epub ahead of print. PMID: 34106378. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

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