Komplementäre und
Integrative Medizin
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Forschungsprojekt zur Integrativen Onkologie erfolgreich abgeschlossen
Carstens-Stiftung gratuliert Dr. Petra Voiß zur Habilitation

Forschungsprojekt zur Integrativen Onkologie erfolgreich abgeschlossen

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Onkologie Integrative Medizin Komplementärmedizin

Mit ihrem Habilitationsprogramm möchte die Carstens-Stiftung Erkenntnisse zur Prävention und Behandlung von Zivilisationserkrankungen gewinnen und gleichzeitig die Nachwuchslücke in der universitären Komplementär- und Integrativmedizin (KIM) schließen. Dr. Petra Voiß, Ärztliche Leitung der Integrativen Onkologie an den Evang. Kliniken Essen-Mitte, hat nun als erste von aktuell sechs Geförderten Ihre Habilitation erfolgreich abgeschlossen. Sie forschte zur Integrativen Onkologie.

Im Jahre 2018 veröffentlichte Daten des Amerikanischen Krebsregisters zeigen, dass eine rein alternative Vorgehensweise (ohne jegliche konventionelle Behandlung) bei Mammakarzinom mit einer fünffach erhöhten Sterblichkeit einhergeht. (1) Von einer ausschließlich alternativen Therapie muss daher dringend abgeraten werden. Gleichzeitig wünschen sich 75 Prozent der Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom in Deutschland Informationen zu ergänzenden Therapien. (2) Es besteht also ein deutlicher Bedarf, eine evidenzbasierte Beratungs- und Behandlungskompetenz in der Onkologie im Sinne einer Integrativen Medizin zu implementieren – das Habilitationsvorhaben von Dr. Petra Voiß trägt hierzu bei.

Verbreitung und Auswirkungen von Schlafstörungen

Dass Dr. Voiß dabei den Schwerpunkt auf Schlafstörungen legte, ist kein Zufall. Denn beinahe 70% der Patientinnen mit Mammakarzinom leiden unter klinisch relevanten Schlafstörungen kurz nach Diagnosestellung, 18 Monate später sind es noch 42%. (3) Das Prekäre daran: Schlafstörungen führen bei Frauen nach Brustkrebserkrankung zu klinischen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit am Tag sowie der Lebensqualität und tragen zu krebsbedingter Fatigue bei. (4) Schlaf beeinflusst die Stresshormon-Achse und das vegetative Nervensystem, welche wiederum die Immunabwehr regulieren. Die Schlafqualität kann also Einfluss auf die Prognose haben: Entwickelt sich nach der Diagnose eines Mammakarzinoms eine Insomnie, steigt das Brustkrebsspezifische Mortalitätsrisiko nach Daten aus der Nurses‘ Health Study um 78%. (5)

Sicherheit von Akupunktur in der Onkologie

Dr. Voiß und ihr Team führten eine Metaanalyse zur Sicherheit von Akupunktur in der Therapie onkologischer Patient*innen durch (6), bei welcher 62 randomisiert kontrollierte Studien und cross-over Studien inkludiert wurden. Die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen in den Akupunkturgruppen war insgesamt relativ gering: interventionsbedingte Ereignisse wurden bei 86 von 1278 Patient*innen (6,7%) berichtet; nicht-schwerwiegende unerwünschte Ereignisse bei 151 von 746 (20,2%); schwerwiegende unerwünschte Ereignisse bei 6 von 829 (0,7%) und ein Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse bei 31 von 1825 Patient*innen (1,7%). Insgesamt kann Akupunktur auf dieser Grundlage als sicheres Verfahren in der onkologischen Therapie angesehen werden.

Effektivität von Ohr-Akupunktur zur Verbesserung von Insomnie

Das Herzstück des Habilitationsvorhabens stellt eine eigene randomisiert kontrollierte Studie dar, in der die Akupunktur zum Einsatz kam. (7) Untersucht wurde der Effekt von Ohr-Akupunktur (2x wöchentlich für 5 Wochen) auf die subjektive Schlafqualität von Frauen mit Mammakarzinom. Darüber hinaus wurde erfasst, wie sich die Intervention auf die Lebensqualität, Stressperzeption, Fatigue, das psychische Wohlbefinden und Entzündungsparameter (Interleukin-6) der Patientinnen auswirkte. Als Vergleich diente eine leitliniengerechte Psychoedukation als Gruppen-Intervention (1,5 Stunden). 52 Patientinnen wurden für die Studie rekrutiert.

Bei den Patientinnen in der Ohr-Akupunktur-Gruppe zeigte sich nach fünf Wochen eine deutliche Verbesserung der Schlafqualität sowie eine Verbesserung der Fatigue-Symptomatik und von Angst-Gefühlen. Nach drei und nach sechs Monaten zeigten sich beide Interventionen in etwa auf gleichem Wirksamkeitsniveau. Die Ohr-Akupunktur stellt damit eine wertvolle Therapieoption dar. Dr. Voiß plant, in Zukunft eine Folgestudie durchzuführen, in welcher Ohr-Akupunktur und Psychoedukation zusammen eingesetzt werden, um zu prüfen, ob sich durch die Kombination noch größere Effekte erzielen lassen.

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Mind-Body-Medizin während der Chemotherapie

Um Patientinnen mit Mammakarzinom während der Phase der Chemotherapie zu unterstützen, adaptierten Dr. Voiß und ihr Team außerdem ein bestehendes multimodales Behandlungsprogramm für die Onkologie. (8) Das Programm beinhaltete achtsamkeitsbasierte Verfahren, Elemente der kognitiv-behavioralen Therapie, positive Psychologie, Yoga, Qigong, Bewegungstherapie, Ernährungstherapie im Sinne einer mediterranen Vollwertkost und naturheilkundliche Selbsthilfestrategien. Vorrangiges Ziel war es, die Nebenwirkungen der systemischen Therapie zu lindern.

Trotz der signifikanten Verschlechterung der kognitiven Funktionsfähigkeit und der Symptomskalen Fatigue, Nausea und Dyspnoe führte die Teilnahme am Mind-Body-Medizinischen Gruppenprogramm in der Tat zu einer signifikanten Verbesserung der globalen Lebensqualität. Stress, Angst und Depressivität nahmen signifikant ab. 96,5% der Patientinnen würden das Programm weiterempfehlen.

Literatur zu "Integrative Medizin bei Patientinnen mit Mammakarzinom"

1) Johnson SB, Park HS, Gross CP, Yu JB. (2018) Use of Alternative Medicine for Cancer and Its Impact on Survival. J Natl Cancer Inst. Jan 1;110(1). doi: 10.1093/jnci/djx145. Link

2) Fremd C et al.. (2017) Use of complementary and integrative medicine among German breast cancer patients: predictors and implications for patient care within the PRAEGNANT study network. Arch Gynecol Obstet. 2017 May;295(5):1239-1245. Link

3) Savard J, Ivers H, Villa J, Caplette-Gingras A, Morin CM (2011) Natural course of insomnia comorbid with cancer: an 18-month longitudinal study. J Clin Oncol.;29(26):3580–6. Link

4) Irwin MR (2015) Why sleep is important for health: a psychoneuroimmunology perspective. Annu Rev Psychol. 2015 Jan 3;66:143-72. doi: 10.1146/annurev-psych-010213-115205. Link

5) Trudel-Fitzgerald C, Zhou ES, Poole EM et al. (2017). Sleep and survival among women with breast cancer: 30 years of follow-up within the Nurses’ Health Study. British Journal of Cancer 2017; 1-8: doi: 10.1038/bjc.2017.85 Link

6) Höxtermann MD, Haller H, Aboudamaah S, Bachemir A, Dobos G, Cramer H, Voiss P. Safety of acupuncture in oncology: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Cancer online. doi: 10.1002/cncr.34165. Link

7) Höxtermann MD, Buner K, Haller H, Kohl W, Dobos G, Reinisch M, Kümmel S, Cramer H, Voiss P. Efficacy and Safety of Auricular Acupuncture for the Treatment of Insomnia in Breast Cancer Survivors: A Randomized Controlled Trial. Cancers (Basel). 2021 Aug 13;13(16):4082. doi: 10.3390/cancers13164082. PMID: 34439234; PMCID: PMC8394534. Link

8) Haller H, Choi KE, Lange S, Kümmel S, Paul A, Cramer H, Dobos G, Voiss P. Effects of an Integrative Mind-Body-Medicine Group Program on Breast Cancer Patients During Chemotherapy: An Observational Study. Curr Pharm Des. 2021;27(8):1112-1120. doi: 10.2174/1381612826666201211111122. PMID: 33308110. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61