Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Sport ist Mord? Natürliche Hilfe bei Muskelkater
Studien kurz und knapp

Sport ist Mord? Natürliche Hilfe bei Muskelkater

Von Daniela Hacke M.A.

Komplementärmedizin Muskeln

Beispiele aus Forschung und Erfahrung zeigen, dass schmerzenden Muskeln durch intensives Training mit Hilfe von pflanzlichen und anderen komplementärmedizinischen Maßnahmen entgegengewirkt werden kann.

Der Weg zu einer gut trainierten Muskulatur kann hart sein, wie ambitionierte Freizeit-, aber auch Berufssportler oftmals schmerzvoll erfahren müssen. Insbesondere Muskelkater, der meist verzögert ein bis zwei Tage nach dem Training auftreten und tagelang anhalten kann, ist eine unwillkommene Begleiterscheinung sportlicher Aktivitäten.
Ursprünglich nahm man an, dass die Ursache eine vermehrte Anhäufung von Milchsäure (Laktaten) und anderer Stoffwechselprodukte im Muskel sei. Heute weiß man, dass die Schmerzen durch Mikroläsionen in den Muskelfasern verursacht werden, die durch eine übermäßige Beanspruchung der Muskulatur insbesondere bei untrainierten Personen oder nach einem besonders intensiven Training entstehen.

Statt zum Schmerzmittel zu greifen, welches die Beschwerden nur vorübergehend unterdrückt, aber nicht das Problem der malträtierten Muskeln löst, kann man zwischen verschiedenen Therapiemethoden zur Linderung der Beschwerden und Förderung der muskulären Heilung wählen, die zudem noch nebenwirkungsärmer sind als beispielsweise die bei Schmerzen häufig eingesetzten nichtsteroidalen Entzündungshemmer wie Ibuprofen, Diclofenac sowie Schmerzmedikamente wie Aspirin. Auch zur Prävention von Muskelkater haben sich in der Forschung diverse Ansätze als erfolgreich in der Linderung der auftretenden Beschwerden gezeigt.

Eine aktuelle Überblicksarbeit liefert eine Auflistung klinischer Studien und experimenteller Arbeiten zu der Frage, welche Substanzen pflanzlicher Herkunft sich bei der Vorbeugung und Therapie des Muskelkaters eignen könnten. [1] Zwar finden sich teils nur einzelne Studien, die aber Anreize für die Weiterverfolgung der Forschung auf den jeweiligen Gebieten liefern. Ergänzend kann auf therapeutische und präventive Maßnahmen wie Kalt- oder Warm(wasser)reize, Konzentrate aus bestimmten Früchten oder Gemüsen, pflanzliche Öle oder Salben, aber auch Hausmittel, zurückgegriffen werden.

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Pflanzliche Hilfe für die malträtierten Muskeln

Extrakte aus Gewürzpflanzen wie Safran, Kurkuma, Ingwer, Zimt und Knoblauch konnten sowohl in tierexperimentellen als auch Humanstudien durch vorzeitige Einnahme den durch intensives Training entstandenen Muskelkater und eine Muskelermüdung deutlich lindern. Der pflanzliche Extrakt muss bereits einige Tage vor und circa drei weitere Tage nach dem Training eingenommen werden, um einen positiven Effekt auf den Muskelkater zu erzielen. Besonders überzeugend zeigte sich ein Safran-Extrakt, der sieben Tage vor und drei Tage nach dem Trainings-Event in einer Dosis von 300 mg pro Tag eine signifikante Senkung der Muskelkaterbeschwerden bewirken konnte. [1]

Ein Extrakt aus schwarzem Tee mit einem hohen Gehalt an Theaflavinen schnitt im Vergleich mit einem Placebo-Medikament in einer Studie besser hinsichtlich der Linderung der Beschwerden im Rahmen von verzögert auftretenden Muskelschmerzen nach einem intensiven Training ab. Gleichzeitig konnte auch die Leistungsfähigkeit der Probanden während des Trainings gesteigert werden. [2]

Konzentrierte Kraft aus Früchten und Gemüsen

Säfte und Konzentrate aus Früchten und Gemüsen können ebenfalls helfen, die durch die sportliche Belastung entstehenden Muskelschäden zu mindern. Wie eine Studie zeigte, erweist sich das zwei Mal tägliche Trinken von rund 500 ml schwarzen Johannisbeersafts hinsichtlich der Reduktion von Muskelschäden und der Abschwächung einer Entzündungsreaktion durch das in der Studie absolvierte Muskeltraining untrainierter Probanden als effektiv [3] (siehe auch hier).

Saftkonzentrate aus der Montmorency-Kirsche, einer amerikanischen Sauerkirsch-Art, die besonders reichhaltig an Antioxidantien ist, konnten in mehreren Studien die Ausdauer von Sportlern während des Trainings steigern und potenziell auftretenden Muskelkater abmildern. Die Teilnehmer einer Studie, semi-professionelle Fußballspieler, wurden instruiert, acht Tage lang zwei Mal täglich je 30 Milliliter eines Montmorency-Kirschsaft-Konzentrats zu sich zu nehmen. [4] In der Vergleichsgruppe wurde die gleiche Dosierung eines Placebo-Konzentrats verabreicht. An fünf Tagen absolvierten die Probanden ein Sprint-Intervalltraining, das sowohl die Sprint- als auch Sprungkraft der Fußballspieler beanspruchte. Die Messungen nach 24, 48 und 72 Stunden während und nach der Trainingsphase ergaben, dass die Sportler in der Kirschsaft-Gruppe hinsichtlich der Muskelkaterintensität, der funktionellen Leistung sowie Entzündungswerte bessere Ergebnisse aufwiesen als die Probanden in der Placebo-Gruppe. Dementsprechend resümierten die Wissenschaftler, dass im Vorfeld genossener konzentrierter Montmorency-Kirschsaft zur Beschleunigung der Erholung nach einer intensiven Trainingsphase beitragen kann.

Auch Granatapfel- oder Rote-Bete-Saft können den Genesungsprozess bei muskulären Schäden infolge intensiven Sports wie Muskelkater und -ermüdung beschleunigen, wie zwei Studien mit professionellen und Freizeit-Gewichthebern zeigen. [5,6] In beiden Studien gingen die durch oxidativen Stress verursachten Entzündungsreaktionen durch vorzeitigen Konsum von 1500 ml Granatapfel- oder 250 bzw. 125 ml Rote-Bete-Saft pro Tag schneller zurück als durch Placebo.

Wasseranwendungen, Sauna und Co.: Warme und kalte Reize

Weitere Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Linderung von Muskelkater bieten an die Kneippschen Güsse angelehnte  Anwendungen mit kaltem oder warmem Wasser bzw. Wechselbäder oder -duschen, bei denen zwischen warmem und kaltem Wasser gewechselt wird, um die Durchblutung der betroffenen Muskelregionen anzuregen. Wissenschaftler kamen im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit zu dem Ergebnis, dass ein 11- bis 15-minütiges Bad in kaltem Wasser mit einer Temperatur zwischen 11 und 15 Grad Celsius die muskelkaterspezifischen Beschwerden etwas mindern kann. [7] Ebenfalls eine leichte Linderung strapazierter Sportlermuskulatur gewähren Anwendungen mit kaltem und warmem Wasser im Wechsel. In einer Metaanalyse mit 18 ausgewerteten Studien zeigten sich Wechselbäder bzw. -duschen zumindest ebenso effektiv in der Bekämpfung des Muskelkaters wie andere Interventionen, beispielsweise Stretching, Kalt- oder Warmwasseranwendungen. [8]

Als vorbeugende Maßnahme empfiehlt sich ein Saunagang vor dem Training. In einer kleinen Studie mit 28 Probanden verspürten jene, die vor dem Krafttraining, bei dem die Streckmuskeln des Handgelenks belastet wurden, einen 15-minütigen Saunagang bei einer Temperatur zwischen 76 und 82 Grad Celsius genossen, noch nach bis zu acht Tagen weniger Muskelschmerzen und verfügten über bessere Muskelfunktionen sowie höhere Muskelkraft als die Probanden in der Kontrollgruppe, die keine präventiven Anwendungen erhielten. [9] Nach dem Sport zu saunieren klingt zwar entspannend, mittlerweile ist man jedoch zu der Erkenntnis gekommen, dass eine weitere Reizung des Körpers durch Saunagänge nach intensiver körperlicher Belastung eher das Infektionsrisiko steigert.

Jenseits der Forschung: Hausmittel und Altbewährtes

Gegen die Schmerzen beim Muskelkater kann man auch nach Maßnahmen greifen, die noch nicht Eingang in die klinische Forschung gefunden haben, sondern in der Erfahrungsheilkunde Anwendung finden. So kann das mehrmals tägliche Einreiben mit Aconit-Öl, Franzbranntwein, Latschenkiefer- oder Johanniskrautöl sowie Arnika-Tinktur zur Linderung des Muskelschmerzes beitragen.
Eine ähnliche schmerzlindernde Wirkung haben altbewährte Salben wie beispielsweise Beinwell- oder aber Pferdesalbe.

Ebenfalls zu empfehlen sind Wickel mit Apfelessig, die muskelkaterspezifische Verspannungen lösen und somit den Schmerz lindern können. Hierzu tränkt man ein großes Tuch mit Apfelessig, wickelt es um die betroffene Stelle und lässt es ca. 20 Minuten einwirken.

Ein warmes Bad mit Rosmarinzusatz zur Anregung der Durchblutung hat sich ebenfalls zur Linderung von Muskelkaterbeschwerden bewährt. Wichtig ist hier jedoch, dass nach dem warmen ein kalter Reiz folgt, damit sich die Wirkung der Anwendung entfalten kann. Das heißt, nach einem höchstens 15-minütigen Bad in höchstens 40 Grad Celsius warmem Wasser empfiehlt sich eine kalte Dusche von mehreren Minuten, um den Kreislauf und somit die Heilung der winzigen Muskelverletzungen anzuregen.

Zwar keine Hilfe bei Muskelkater, aber bei Muskelkrämpfen: Gewürzgurkenwasser. Es klingt absurd: Bei Muskelkrämpfen wird empfohlen, statt nach Magnesium zu greifen, Gewürzgurkenwasser zu trinken. In einem Footballspiel in den USA, bei dem die Mannschaft Philadelphia Eagles gegen die Dallas Cowboys antraten, bekämpften die Sportler ihre auftretenden Muskelkrämpfe mit Gurkenwasser. [10] Der Wirkmechanismus des Gurkenwassers ist bisher nicht geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass die Essigsäure im Rachen eine krampflösende Wirkung entfaltet. Außerdem wird die Alpha-Motoneuronen-Aktivität in der krampfenden Muskulatur durch das sofortige Trinken von Gewürzgurkenwasser reduziert.

Einschätzung

Es herrschen noch zu viele Uneinigkeiten zur potenziellen Wirksamkeit einzelner Maßnahmen vor, um Empfehlungen aussprechen zu können. Strittig ist beispielsweise immer noch die Frage, ob eher kalte oder warme Reize bei schon bestehendem Muskelkater angewandt werden sollen. Auch zur Wirksamkeit einer homöopathischen Behandlung von Muskelkater mittels Arnica montana liegen eher widersprüchliche Ergebnisse vor. [11, 12] Ob altbewährt oder wissenschaftlich untersucht: Anhand des vorhandenen, teils auch nur kolportierten Wissens über die einzelnen Ansätze lohnt es sich jedoch, einzelne Verfahren für sich auszuprobieren. In einem sind sich allerdings die meisten Experten einig: Bei einem heftigen Muskelkater sollte eine mehrtägige Trainingspause eingelegt werden, um den Verletzungen die Gelegenheit zu geben, abzuheilen.

Literatur

1) Meamarbashi A. Herbs and natural supplements in the prevention and treatment of delayed-onset muscle soreness. Avicenna J Phytomed 2017; (1): 16-26 Abstract

2) Arent SM, Senso M, Golem DL, McKeever KH. The effects of theaflavin-enriched black tea extract on muscle soreness, oxidative stress, inflammation, and endocrine responses to acute anaerobic interval training: a randomized, double-blind, crossover study. J Int Soc Sports Nutr 2010; 7: 11 Abstract

3) Hutchison AT, Flieller EB, Dillon KJ, Leverett BD. Black currant nectar reduces muscle damage and inflammation following a bout of high-intensity eccentric contractions. J Diet Suppl 2016; 13(1): 1-15 Abstract

4) Bell PG, Sevenson E, Davison GW, Howatson G. The effects of Montmorency tart cherry concentrate supplementation on recovery following prolonged, intermittent exercise. Nutrients 2016; 8(7): E441 Abstract

5) Clifford T, Bell O, West DJ, Howatson G, Stevenson EJ. The effects of beetroot juice supplementation on indices of muscle damage following eccentric exercise. Eur J Appl Physiol 2016; 116(2): 353-362 Abstract

6) Ammar A, Turki M, Chtourou H, Hammouda O, Trabelsi K, Kallel C, Abdelkarim O, Hoekelmann A, Bouaziz M, Ayadi F, Driss T, Souissi N. Pomegranate supplementation accelerates recovery of muscle damage and soreness and inflammatory markers after a weightlifting training session. PLoS ONE 2016; 11(10): e0160305 Abstract

7) Machado AF, Ferreira PH, Micheletti JK, Almeida AC de, Lemes IR, Vanderlei FM, Netto J jun, Pastre CM. Can water temperature and immersion time influence the effect of cold water immersion on muscle soreness? A systematic review and meta-analysis. Sports Med 2016; 46: 503-514 Abstract

8) Bieuzen F, Bleakley CM, Costello JT. Contrast water therapy and exercise induced muscle damage: a systematic review and meta-analysis. PLoS One 2013; 8(4): e62356 Abstract

9) Khamwong P, Paungmali A, Pirunsan U, Joseph L. Prophylactic effects of sauna delayed-onset muscle soreness of the wrist extensors. Asian J Sports Med 2015; 6(2): e25549 Abstract

10) Wolter A. Saure Muskeln? Saure Gurken! Physiopraxis 2017; 15(1): 46-49 Abstract

11) Tveiten D, Bruset, Borchgrevink CF, Norseth J. Effects of the homoeopathic remedy Arnica D30 on marathon runners: a randomized, double-blind study during the 1995 Oslo marathon. Complement Ther Med 1998; 6(2): 71-74 Abstract

12) Vickers AJ, Fisher P, Wyllie SE, Rees R. Homeopathic Arnica 30X is ineffective for muscle soreness after long-distance running. A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Clin J Pain 1998; 14(3): 227-231 Abstract