Komplementäre und
Integrative Medizin
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Meditation als mögliche Stress präventive Maßnahme um Kopfschmerzen oder Migränen vorzubeugen
Studien kurz und knapp

Kindliche Kopfschmerzen: Weniger Schmerzmittel durch Entspannungs­verfahren

Von Daniela Hacke M.A.

Pädiatrie Migräne

Stressreduktion als präventive Maßnahme ist ein wichtiger Baustein der Kopfschmerztherapie. Welches Entspannungsverfahren durchgeführt wird, ist aber offensichtlich nicht von Bedeutung, so das Ergebnis einer aktuellen Studie mit an primären Kopfschmerzen leidenden Kindern.

Weltweit leidet mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen an wiederkehrenden Spannungskopfschmerzen oder Migräne. Häufige Folgen sind schulischer Leistungsabfall, emotionaler Stress und sozialer Rückzug. Im Rahmen der Akutbehandlung werden Schmerzmittel wie Triptane und Ibuprofen empfohlen, die jedoch oftmals mit Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Schwindel behaftet sind, ebenso wie standardmäßig zur Prävention eingesetzte Wirkstoffe wie Amitriptylin und Topramat. Da Stress als wichtiger Triggerfaktor für das Auftreten von Kopfschmerz- und Migräneattacken gilt, wird zunehmend die regelmäßige Durchführung von Entspannungsübungen zur Stressreduktion empfohlen. Der Einsatz von Entspannungsverfahren wie z.B. Meditation, Biofeedback oder Hypnose zur Prävention von Kopfschmerzen und Migräne wurde zwar in mehreren Studien untersucht, jedoch die Frage, welches der Verfahren erfolgsversprechender ist, wurde bisher nicht geklärt. Niederländische Forscher initiierten aus diesem Grund eine multizentrische Studie, die mehrere Entspannungsverfahren zur Senkung der Kopfschmerzhäufigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit wiederkehrenden Beschwerden verglich. [1]

Kopfschmerzen von Kindern

Kopfschmerzen von Kindern

Ein Konzept zur Ernährungsumstellung, das zur Reduktion der Schmerzattacken beträgt

Annette Kerckhoff · Stephanie von Frankenberg

ISBN: 978-3-933351-69-2
Erscheinungsjahr: 2007

6,90 EUR

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An sechs niederländischen Krankenhäusern wurden Kinder im Alter zwischen 9 und 18 Jahren mit primären, mindestens zwei Mal monatlich auftretenden Kopfschmerzen für die Studie rekrutiert. Insgesamt 131 Kinder wurden zufällig drei Gruppen zugeteilt. In den beiden Interventionsgruppen wurden zwecks Stressreduktion über einen Zeitraum von drei Monaten entweder transzendentale Meditationsübungen durchgeführt (n=42) oder Hypnosetherapie verabreicht (n=45), während die jungen Patienten in der aktiven Kontrollgruppe progressive Muskelentspannung praktizierten (n=44). Im Rahmen von fünf 60- bis 90minütigen Sitzungen vermittelten qualifizierte Trainer den Studienteilnehmern der Meditationsgruppe das notwendige Wissen zur Ausübung der Meditation; zwecks Erlernen der progressiven Muskelentspannung nahmen die Patienten in der Kontrollgruppe an jeweils bis zu sechs von erfahrenen Physiotherapeuten oder Psychologen geleiteten Unterrichtseinheiten teil. Die Kinder in der Hypnosegruppe erhielten jeweils sechs individuelle 50-minütige Hypnosetherapiesitzungen. Alle Teilnehmer wurden dazu angehalten, die erlernten Übungen ein- bis zweimal täglich zu Hause anzuwenden. Ergänzend sollten die Kinder Empfehlungen zur Schlafhygiene und einer ausgewogenen Ernährung befolgen sowie den Konsum koffeinhaltiger Getränke einschränken und Stress, soweit möglich, vermeiden. Der Einsatz von Schmerzmitteln, Antiemetika und prophylaktischen Medikamenten zur Reduktion der Kopfschmerzsymptome war erlaubt.

Als primärer Zielparameter wurde die mittlere Häufigkeit der Kopfschmerzattacken festgesetzt. Sekundäre Ziele bestanden in der Erfassung von Veränderungen hinsichtlich der individuellen Krankheitsbewältigung, des affektiven Gesundheitszustands (Angst, Depression) und der Somatisierung. Zusätzlich wurden eventuelle therapiespezifische Nebenwirkungen, individuelle Therapiepräferenzen und der Arzneimittelverbrauch in der Endauswertung berücksichtigt. Die Messpunkte wurden zu Studienbeginn, nach drei sowie nach neun Monaten festgesetzt. Im Rahmen der Intention-to-treat-Analyse konnten die Daten von 123 Kindern ausgewertet werden. Es zeigte sich, dass in allen Gruppen die Kopfschmerzhäufigkeit nach drei Monaten signifikant von 18,9 auf 12,5 Tage bzw. auf 10,5 Tage nach neun Monaten gesenkt werden konnte, ohne dass signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen erkennbar waren. Außerdem berichteten 32% der Kinder nach drei sowie 43% nach neun Monaten über eine Verbesserung Ihrer Kopfschmerzsymptomatik. Psychische Faktoren wie Depressivität bzw. das Auftreten von Angstzuständen, die Befähigung zur Bewältigung des Krankheitsgeschehens sowie Aspekte der Somatisierung waren nach neun Monaten im Vergleich zum Studienbeginn leicht, aber nicht signifikant verbessert. In allen drei Gruppen konnte der Verbrauch von Schmerzmitteln gleichermaßen reduziert werden; nur wenige Kinder – je 2-3 Kinder pro Gruppe – machten von Medikamenten zur Prophylaxe von Kopfschmerzsymptomen Gebrauch. Hier war keine wesentliche Veränderung feststellbar. Es wurde in keiner der Gruppen über Nebenwirkungen im Zusammenhang mit den Entspannungsverfahren berichtet.

Einschätzung

Eine wesentliche Aussage der vorliegenden Studie besteht in der Erkenntnis, dass sich Hypnose, Meditation und progressive Muskelentspannung als stressreduzierende Maßnahmen bzgl. der Einsparung nebenwirkungsbehafteter Medikamente sowie einem verbesserten Umgang mit dem chronischen Kopfschmerz als gleichermaßen geeignet erweisen. Man könnte somit Kindern und Jugendlichen mit wiederkehrender Kopfschmerzproblematik die regelmäßige Ausübung eines individuell bevorzugten Entspannungsverfahrens empfehlen. Interessant wäre für zukünftige Untersuchungen, inwiefern betroffene Kinder bereit wären, die Entspannungsübungen auch über einen weitaus längeren Zeitraum auszuüben. Weitere Studien auf dieser Ebene sollten außerdem beachten, dass die Therapieangebote zwecks Zeiteinsparung direkt im Studienzentrum selbst angeboten werden; in der vorliegenden Studie brachen viele Studienteilnehmer wegen zeitaufwändiger Anreise die Teilnahme ab. Außerdem wäre die Integration einer sich von den Interventionen deutlich unterscheidenden Kontrolle wie z.B. einer Bewegungs- oder Musiktherapie sinnvoller, um im Vergleich potenzielle Vorteile von Entspannungsverfahren gegenüber anderen Verfahren zur Stressreduktion zu veranschaulichen.

Literatur

1) Jong MC, Boers I, Wietmarschen HA van, Tromp E, Busari JO, Wennekes R, Snoeck I, Bekhof J, Vlieger AM. Hypnotherapy or transcendental meditation versus progressive muscle relaxation exercises in the treatment of children with primary headaches: a multi-centre, pragmatic, randomised clinical study. Eur J Pediatr 2019; 178: 147-154 Abstract