Komplementäre und
Integrative Medizin
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Neue Studie belegt weitverbreitetes Interesse an Homöopathie und Naturarzneimittel in der Pädiatrie unter Haus- und Kinderärzten.
Neue Studie belegt weitverbreitetes Interesse an Homöopathie und Naturarzneimittel in der Pädiatrie unter Haus- und Kinderärzten.
Studien kurz und knapp

Homöopathie und Naturarzneimittel in der Pädiatrie

Eine neue internationale Studie, an der 582 Kinder- und Hausärzte teilnahmen, kommt zu dem Ergebnis, dass 99 % von ihnen im vergangenen Jahr mindestens ein Naturarzneimittel (Phytotherapeutika, Nahrungsergänzungsmittel u.ä.) für Kinder verschrieben oder empfohlen haben. 76 % der Teilnehmer hatten zum Einsatz homöopathischer Arzneimittel geraten. Mehr als die Hälfte der befragten Ärzte stimmte zu, dass die Homöopathie Symptome lindern und Heilungschancen verbessern könne. Als wichtigen Grund für ihre jeweiligen Therapieentscheidungen gaben die Studienteilnehmer häufig das geringere Nebenwirkungsprofil im Vergleich zu konventionellen Medikamenten an: Homöopathische Präparate wurden von 70 % der befragten Ärzte mit einem geringeren Risiko unerwünschter Effekte assoziiert, in Bezug auf Naturarzneimitteln waren es 60 % der Teilnehmer.

 

 

Bei welchen Erkrankungen werden komplementärmedizinische Präparate eingesetzt?

53 % der Kinder- und Hausärzte befürworteten bei Infektionen der oberen Atemwege häufig Natur- und/oder homöopathische Arzneimittel, 45 % griffen bei Säuglingskoliken auf sie zurück. Bei Zahnungsschwierigkeiten empfahlen 37% der Befragten einen homöopathischen Therapieversuch, und 33 % der Teilnehmer hielten Schlafstörungen für eine Indikation, die mit komplementärmedizinischen Medikamenten angegangen werden könne. Die vorliegende Studie zeigt, dass in der untersuchten Ärztepopulation komplementäre Präparate insgesamt häufiger als konventionelle Medikamente im engeren Sinne eingesetzt wurden: Homöopathische Arzneimittel, Phytotherapeutika sowie Vitamine, Mineralstoffe und sonstige Nahrungsergänzungsmittel, machten 57 % der im Untersuchungszeitraum ausgesprochenen Empfehlungen bzw. Verschreibungen aus.

 

Elternwünsche finden Berücksichtigung

81 % der Kinder- und Hausärzte, die an der Studie teilnahmen, äußerten, dass sie gerne mit Eltern über komplementärmedizinische Arzneitherapien sprächen, und dass deren Wünsche und Werte sie in hohem Maße beeinflussten. 52 % meldeten, dass sie für Kinder von Eltern, welche selbst homöopathische und/oder Naturarzneimittel bevorzugen, entsprechende Empfehlungen ausgesprochen hatten. Die Studienteilnehmer konstatierten, dass elterliche Sorgen im Hinblick auf die Wirksamkeit und vor allem die Nebenwirkungen konventioneller Arzneimittel sie bei ihren Empfehlungen beeinflussen.

 

Integrative Pädiatrie als Modell der Zukunft

Vier von fünf teilnehmenden Ärzten sagten aus, dass sie bei Erkrankungen von Kindern regelmäßig verschiedene Therapieoptionen neben der konventionellen Arzneitherapie in Betracht zögen. 95 % befürworten ein Miteinander der unterschiedlichen Medizinsysteme im Sinne einer Integrativen Medizin. Die Verbindung von konventioneller und Komplementärmedizin scheint in Anbetracht dieser Resultate in der Praxis der Haus- und Kinderärzte längst gelungen. Sie bedienen sich offenbar in Abwägung des vorliegenden Einzelfalls und der Patienteninteressen aus dem gesamten Spektrum der zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden.

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Datenbanken und Fachliteratur

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Einschätzung

Die vorliegende Studie belegt einmal mehr die zunehmend wichtige Rolle, die komplementärmedizinische Verfahren insbesondere in der Kinderheilkunde weltweit spielen. Homöopathie, Phytotherapie und Nahrungsergänzungsmittel können vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse als weitverbreitete, integrale Bestandteile der öffentlichen Gesundheitsversorgung in vielen Ländern eingestuft werden. (2-14) Die eingesetzten Präparate werden von Ärzten und Eltern als wirksam und besonders gut verträglich eingeschätzt. Die entsprechenden Therapieoptionen verdienen somit insbesondere in der Pädiatrie eine systematische Berücksichtigung. Eine bessere Erforschung komplementärmedizinischer Verfahren sowie eine Verankerung entsprechender Inhalte im Rahmen des Medizinstudiums scheinen im Hinblick auf Professionalisierung und Qualitätssicherung dringend geboten.

Literatur

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Dr. phil. Jens Behnke

Dr. phil. Jens Behnke