Komplementäre und
Integrative Medizin
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Weiß Ihr Arzt, dass Sie KIM nutzen?

Weiß Ihr Arzt, dass Sie KIM nutzen?

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Integrative Medizin Naturheilkunde

Diese Frage stellten US-amerikanische ForscherInnen im Rahmen einer Erhebung kürzlich 750 PatientInnen ab 65 Jahren. 173 antworteten. Die Rückmeldungen lassen Schlüsse über die Art der angewendeten Verfahren, aber auch das Arzt-Patienten-Verhältnis zu.

Komplementäre und Integrative Medizin (KIM) ist beliebt und viele Verfahren lassen sich „auf eigene Faust“ anwenden. Dennoch ist es sinnvoll, die Inanspruchnahme mit der eigenen Hausärztin oder dem eigenen Hausarzt abzusprechen, um z.B. unerwünschte Wechselwirkungen mit konventionellen Medikamenten zu vermeiden. Gerade PatientInnen älteren Semesters geraten hier in den Fokus, denn in dieser Gruppe gibt es eine höhere Prävalenz chronischer Erkrankungen und häufig liegt eine sogenannte Polypharmazie vor, also die gleichzeitige Einnahme mehrerer verschiedener Arzneimittel. Um herauszufinden, ob PatientInnen im Alter von 65 und höher ihre Ärztin oder ihren Arzt informieren oder nicht und welche Faktoren dafür ausschlaggebend sein könnten, führten US-amerikanische WissenschaftlerInnen eine postalische Erhebung durch. (1)

Der Fragebogen

Der Fragebogen beinhaltete insgesamt 22 Fragen. Zunächst wurde abgefragt, ob im Laufe des vergangenen Jahres ein oder mehrere Verfahren aus den folgenden vier Kategorien genutzt worden waren: 1. pflanzliche Mittel oder Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Ginkgo oder Johanniskraut), 2. körperliche Verfahren (z.B. Massagen oder chiropraktische Übungen), 3. Mind-Body-Verfahren (z.B. Meditation oder Yoga), 4. Naturheilkunde/Akupunktur/Homöopathie. Bei positiver Antwort wurde weiter erhoben, ob der oder die Befragte ihre Ärztin oder ihren Arzt über die Inanspruchnahme auch unterrichtet hatte. Alle Teilnehmenden wurden außerdem gebeten, auf einer Skala von 1-5 Zufriedenheit, Vertrauen, Zuversicht und Verständnis in ihrem Arzt-Patienten-Verhältnis zu bewerten. Demografische Daten wurden ebenfalls erfasst.

Ergebnisse

Von 750 angeschriebenen Menschen antworteten 173 (Rücklaufquote: 23%). 104 von ihnen (60,1%) hatten mindestens eine Form der KIM im zurückliegenden Jahr genutzt. Die am meisten in Anspruch genommene Form stammte dabei aus der Kategorie pflanzliche Mittel oder Nahrungsergänzungsmittel (64 ProbandInnen), gefolgt von Mind-Body-Verfahren (50), körperlichen Verfahren (46) und Naturheilkunde/Akupunktur/Homöopathie (15).

Von den 104 NutzerInnen hatten 67 (64,4%) ihre Ärztin oder ihren Arzt über die Verwendung informiert. 50 (74,6%) sprachen dabei über alle Verfahren, während 17 (25,3%) nicht alle genutzten Verfahren offenlegten. Interessant ist hierbei das Verhältnis nach einzelnen Kategorien: 71,9% der Verwender von pflanzlichen oder Nahrungsergänzungsmitteln teilten die Nutzung ihrer Ärztin oder ihrem Arzt mit, bei Naturheilkunde/Akupunktur/Homöopathie waren es 66,7%, bei körperlichen Verfahren 50% und bei Mind-Body-Verfahren 48%. Die Nutzung von pflanzlichen und Nahrungsergänzungsmitteln wurde damit signifikant häufiger offengelegt, als die von körperlichen oder Mind-Body-Verfahren.

Als einziger signifikant relevanter Faktor für die Offenlegung erwies sich dabei das Vertrauen in die Ärztin oder den Arzt: 84,8% der „Offenleger“ gaben ein starkes Vertrauen an, bei den „Nicht-Offenlegern“ waren es nur 65,7%. Nach Logistischer Regression (statistisches Erklärungsmodell) ist es dreimal wahrscheinlicher, dass ein „Offenleger“ ein hohes Vertrauen angibt, als bei einem „Nicht-Offenleger“. Zusätzlich spielte Zufriedenheit mit der Ärztin oder dem Arzt eine Rolle. 63,6% der „Offenleger“ waren zufrieden, gegenüber 44,4% der „Nicht-Offenleger“. Die beiden meist-genannten Gründe für das Verschweigen der Nutzung waren, dass die Patientin oder der Patient 1. niemals auf die Idee gekommen war (50%) und 2. die Ärztin oder der Arzt niemals danach gefragt hatte (42%).

Fazit

Die Datenbasis der Erhebung ist relativ klein. In einer größeren Umfrage ließen sich ggf. auch die KIM-Verfahren feiner ausdifferenzieren als es hier mit der groben Einteilung in vier Kategorien geschehen ist. Dennoch unterstreicht die Arbeit einen oft wiederholten Appell ein weiteres Mal: ÄrztInnen und TherapeutInnen sollten viel Wert auf ein vertrauensvolles Verhältnis gerade zu ihren älteren PatientInnen legen und aufmerksam zuhören – im Zweifel sollte nachgefragt werden, ob KIM-Verfahren genutzt werden. Dabei kann es sich lohnen, gezielt nach bestimmten Verfahren zu fragen, um sich ein möglichst vollständiges Bild der Situation machen zu können und dadurch die individuell bestmögliche Behandlung zu planen.

Literatur zu "Weiß Ihr Arzt, dass Sie KIM nutzen?"

1) Golden J, Kenyon-Pesce L, Robison J, Grady J, Guerrera MP. Disclosure of Complementary and Alternative Medicine Use Among Older Adults: A Cross-Sectional Study. Gerontol Geriatr Med. 2023 Jun 6;9:23337214231179839. doi: 10.1177/23337214231179839. PMID: 37324642; PMCID: PMC10262661. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61