Nutzung von TKIM
Die große Mehrheit von 69,6% der Teilnehmenden gab an, dass sie bereits einmal TKIM genutzt hatten. 10,9% nutzten sie zum Zeitpunkt der Befragung aktuell täglich oder mehrmals pro Woche, 9,3% im Monat und 18% im Jahr. Etwa ein Drittel der Teilnehmenden hatten TKIM in den vergangenen 12 Monaten in Anspruch genommen.
Indikationen
Als Gründe für den Einsatz von TKIM wurden am häufigsten Schmerzen des Bewegungsapparates (17,3%) genannt, gefolgt von Allergien (12,6%), Kopfschmerzen (12,2%), psychischen Erkrankungen (11,6%) und akuten Atemwegserkrankungen (10,2%).
Die Befragten gaben an, dass ihnen TKIM überwiegend bei Kinderkrankheiten (91,4%), akuten gastrointestinalen Krankheiten (85,4%) und akuten Atemwegserkrankungen (84,5%) geholfen hatte, im Vergleich bei Hauterkrankungen (63,7%), neurologischen (66,7%) und psychischen Erkrankungen (66,8%) weniger.
Die Befragten sagten außerdem aus, dass sie sich für TKIM entschieden, weil sie geringere Nebenwirkungen als konventionelle Verfahren habe (14,3%), um Nebenwirkungen konventioneller Verfahren zu mildern (12,3%), aus vorherigen eigenen positiven Erfahrungen mit TKIM (12,6%) und aufgrund von Empfehlung des Arztes oder der Ärztin (12,7%).
Haltung zur TKIM
38,8% der Teilnehmenden gaben an, das TKIM für die eigene Gesundheit wichtig ist. Auf die Frage, wie TKIM für sie im Gesundheitssystem optimal eingebunden wäre, antworteten 34,7%, dass sie sie als Ergänzung zur konventionellen Medizin (als Komplementärmedizin) sehen, 33,4% in Kombination mit konventioneller Medizin (im Sinne einer Integrativen Medizin) und 4,5% ohne konventionelle Medizin (Alternativmedizin).
Die Mehrheit von 68,8% sprach sich dafür aus (36,7% „definitiv“ und 32,1% „eher ja“), dass die Kosten für TKIM von der Krankenversicherung gedeckt werden.
Gefragt nach der wissenschaftlichen Plausibilität gaben 9,2% an, TKIM für unwissenschaftlich zu halten, 32,8% stimmten dem teilweise zu, 33,7% waren unentschlossen. Gleichzeitig befürwortete eine Mehrheit von 70,7% weitere Forschung zur TKIM und zwar, um die Evidenz zu erhöhen (34,5%) und neue Heilungsmethoden zu identifizieren (34,3%).
Der Nutzen der vorliegenden Studie ist, dass sie ein umfassendes und verlässliches Abbild der momentanen Inanspruchnahme und Einstellung der Bevölkerung von und zu TKIM in Deutschland liefert. Die Ergebnisse zeigen online-bevölkerungsrepräsentativ insgesamt eine unverändert hohe Inanspruchnahme.
Der landesweiten Bedeutung von TKIM sollte gesundheitspolitisch stärker Rechnung getragen werden. Naturheilverfahren sollten zukünftig systematisch evidenzbasiert untersucht und deren Ergebnisse transparent dargelegt werden. Zudem sollten von der öffentlichen Hand Fördermittel zur wissenschaftlichen Erforschung dieser Verfahren bereitgestellt werden – denn zwischen den hohen Nutzungszahlen in der Bevölkerung und der in vielen TKIM-Bereichen verhältnismäßig überschaubaren Evidenz besteht weiterhin eine erhebliche Inkongruenz. (4,5)
Literatur zu "Nutzung und Akzeptanz von Naturheilkunde und KIM in Deutschland"
1) Jeitler M, Ortiz M, Brinkhaus B, Sigl M, Hoffmann R, Trübner M, Michalsen A, Wischnewsky M and Kessler CS (2024) Use and acceptance of traditional, complementary and integrative medicine in Germany—an online representative cross-sectional study. Front. Med. 11:1372924. doi: 10.3389/fmed.2024.1372924. Link
siehe auch: Schiele JK, Jeitler M, Michalsen A, Stapelfeldt E, Ortiz M, Sigl M, Brinkhaus B, Wischnewsky M, Kessler CS. Wellness or medicine? Use and perception of Ayurveda in Germany: data from an online-representative cross-sectional study. Front Med (Lausanne). 2024 May 22;11:1408609. doi: 10.3389/fmed.2024.1408609. PMID: 38841569; PMCID: PMC11150709. Link
2) WHO. Traditional, complementary and integrative medicine (2023) [22.11.23]. Link
3) WHO. Who traditional medicine strategy 2014–2023. Geneva: World Health Organization (2013).Link
4) Fischer, F, Lewith, G, Witt, CM, Linde, K, Ammon, K, Cardini, F, et al. A research roadmap for complementary and alternative medicine - what we need to know by 2020. Complementary Med Res. (2014) 21:6–e16. doi: 10.1159/000360744. Link
5) CAMbrella. Cam Use in Europe – the Patients’ Perspective. Part I: A Systematic Literature Review of Cam Prevalence in the EU (2012) [23.2.22]. Link