Komplementäre und
Integrative Medizin
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Heuschnupfen lindern – welchen Beitrag leistet Kamille?

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Phytotherapie Immunsystem

Der Frühling ist da, doch neben längeren Tagen und milderen Temperaturen hat diese Jahreszeit für den Einen oder die Andere leider auch negative Begleiterscheinungen: weltweit leiden zwischen 10 und 40% der Bevölkerung an allergischen Reaktionen, im Frühjahr vor allem auf Pollen von blühenden Pflanzen.

Ein Leitsymptom ist die verstopfte oder dauerlaufende Nase – die allergische Rhinitis – zu welcher auch das Krankheitsbild des Heuschnupfens zählt. Es handelt sich um eine Entzündung der Nasenschleimhaut, die durch Allergene aus der Luft ausgelöst wird und die Lebensqualität der Betroffenen teilweise erheblich beeinträchtigt.

In der Abwehr solcher äußeren Reize kommt der sogenannten mukoziliären Reinigung, der Selbstreinigung des Atemtraktes, eine maßgebliche Bedeutung zu. Schleim und Fremdkörper werden durch die Zilien, die feinen Härchen der Epithelzellen, abtransportiert. Damit dies gut funktioniert, ist es wichtig, dass der Schleim nicht zu dickflüssig wird. Daher hat sich vor allem die Befeuchtung der Atemwege, etwa in Form von Nasenduschen, bei allergischer Rhinitis als effektiv erwiesen. Die vorliegende Studie (1) behält dies im Blick und prüft, ob Kamille zusätzlich einen Beitrag in der Linderung der Symptome leisten kann, denn die in der Kamille enthaltenen bioaktiven Substanzen (Terpenoide, Flavonoide, ätherische Öle) gelten als antiallergisch und antientzündlich.

Heuschnupfen

Heuschnupfen

Homöopathie und Naturheilkunde als alternative Behandlung und Ratschläge zur Vorbeugung und unterstützenden Selbsthilfe

Annette Kerckhoff · Markus Wiesenauer

ISBN: 978-3-945150-57-3
Erscheinungsjahr: 2016, 2. Aufl.

6,90 EUR

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Vier Gruppen

In die Studie wurden 123 Patient*innen mit milder persistenter allergischer Rhinitis eingeschlossen und in vier Gruppen randomisiert. Durchschnittsalter (34-36 Jahre) und Geschlechterverteilung (etwa 50%-50%) waren jeweils vergleichbar. Alle Gruppen erhielten die Standardtherapie in Form eines steroidhaltigen Nasensprays, das mit zwei Sprühern je Nasenloch am Morgen in die Nase gegeben wurde. Die Proband*innen in Gruppe A nahmen zusätzlich jedoch ein Nasenspray bestehend aus isotonischem Meerwasser mit natürlichen Meersalzen sowie einem Kamille-Extrakt in Anspruch. Gruppe B verwendete zusätzlich zur Standardtherapie ein Spray, das nur aus isotonischem Meerwasser bestand, während Gruppe C dieses nicht in Form eines Sprays sondern in Form von Nasenduschen erhielt. Alle Lösungen wurden dreimal in jedem Nasenloch benutzt, zweimal am Tag, morgens und abends. In Gruppe D kam die Standardtherapie allein zum Einsatz. Die Behandlung dauerte in allen Gruppen vier Wochen.

Um die Wirkungen zu prüfen, wurden vor und nach der Intervention der Sino-Nasal Outcome Test-22 (SNOT-22) und der Saccharin-Test eingesetzt. Beim SNOT-22 handelt es sich um einen Fragebogen, der die sinunasalen Symptome und die Lebensqualität erfasst. Je niedriger die Punktzahl, desto besser das Ergebnis. Beim Saccharin-Test wird die Transportgeschwindigkeit der Flimmerhärchen gemessen. Als Testsubstanz wird dabei der Süßstoff Saccharin jeweils in die Nasenmuscheln gegeben und die Zeit gemessen, bis die Proband*innen einen Geschmackseindruck im Mund wahrnehmen. Auch hier sind kürzere Zeiten besser.

Ergebnisse

Die Punktzahl des SNOT-22 verbesserte sich in Gruppe A signifikant von durchschnittlich 50,6±11,3 vor auf 40,9±11,4 nach der Behandlung. Die Zeit des Saccharin-Testes verbesserte sich ebenfalls signifikant von durchschnittlich 12,6±3,0 auf 11,5±2,4 Minuten. Auch in Gruppe B waren die Ergebnisse signifikant, die Punktzahl des SNOT-22 verbesserte sich von 50,5±16,1 auf 45,0±15,4 und die Zeit des Saccharin-Testes von 13,5±2,7 auf 13,1±2,7 Minuten. Gruppe C erreichte eine signifikante Verbesserung im SNOT-22 von 50,4±14,9 auf 45,7±14,7, während der Unterschied im Saccharin-Test von 12,7±2,3 auf 12,5±2,1 nicht signifikant ausfiel. Ähnlich verhielt es sich in Gruppe D, die sich im SNOT-22 von 51,9±13,1 auf 49,4±13,8 signifikant verbesserte, im Saccharin-Test mit 13,4±2,3 auf 13,4±2,5 aber nicht.

Um die Wirkungen in den Gruppen A-C (Standardtherapie + Zusatz) besser beurteilen zu können, wurden diese mit der Gruppe D (Standardtherapie allein) verglichen. Die in den Gruppen A und B erzielten Unterschiede vor und nach Behandlung waren im Vergleich mit denen in Gruppe D in beiden Tests signifikant größer, bei Gruppe C war dies im Vergleich mit Gruppe D nur im SNOT-22 der Fall, nicht aber im Saccharin-Test.

Anschließend wurden die Gruppen A-C noch untereinander verglichen: der Unterschied vor und nach Behandlung war beim SNOT-22 in Gruppe A signifikant größer als in Gruppe B, beim Saccharin-Test nicht. Verglichen mit Gruppe C waren die Unterschiede beider Tests in Gruppe A signifikant größer. Gruppe B und C zeigten im direkten Vergleich in keinem der beiden Tests signifikante Unterschiede.

Einschätzung

Die Therapie in Gruppe A hat also am besten angeschlagen bzw. haben die Proband*innen dieser Gruppe am meisten von der Intervention profitiert. Die Kamille hatte in dieser Studie demnach einen positiven Effekt. Da in allen Gruppen aber auch das steroidhaltige Nasenspray zum Einsatz kam, bleibt offen, ob hier die Kamille direkt antiallergisch oder antientzündlich gewirkt hat oder ob sie lediglich die Wirkung des steroidhaltigen Medikamentes verstärkt hat. Folgestudien, die den Solo-Einsatz des Kamille-Sprays mit der Standardtherapie vergleichen, könnten dies klären.

Literatur zu "Heuschnupfen lindern – welchen Beitrag leistet Kamille?"

(1) Atar Y, Karaketir S, Aydogdu I, Sari H, Bircan HS, Uyar Y, Ekincioglu E, Karaketir SG, Atac E, Berkiten G. Comparison of Isotonic Seawater Nasal Spray Containing Chamomile Liquid Extract and Other Isotonic Seawater Nasal Washing Solutions for Allergic Rhinitis. Ann Otol Rhinol Laryngol. 2022 Apr;131(4):427-434. doi: 10.1177/00034894211025411. Epub 2021 Jun 18. PMID: 34142567. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61