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Demenz-Risiko durch mediterrane Ernährung senken

Demenz-Risiko durch mediterrane Ernährung senken

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Demenz Ernährung

Risikofaktoren, die das Entstehen einer Demenz begünstigen, lassen sich in zwei Kategorien einteilen: erbliche Faktoren und solche, die individuell beeinflussbar sind. Beeinflussbare Risikofaktoren spielen eine große Rolle in der Prävention und die Ernährung gehört definitiv dazu. Eine aktuelle Studie mit großer Stichprobengröße legt nun nahe, dass sich die Mittelmeerdiät positiv auf das Demenz-Risiko auswirkt – sogar unabhängig von der genetischen Prädisposition. (1)

Ausgangslage

Die Mittelmeerküche bedient sich vor allem an Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Olivenöl. Fisch wird moderat verzehrt, Milchprodukte und Fleisch kommen nur in geringen Mengen auf den Tisch. Zwar ist diese Form der Ernährung bereits im Fokus, wenn es um die Demenz-Prävention geht (2-5), allerdings beschränken sich die Studien in der Regel auf kleinere Kohorten (1000-6000 Menschen) mit dann wenig Demenz-Fällen (20-400 Fälle) und zudem inkonsistenten Ergebnissen. (6-11)

Große Stichprobe

Die Besonderheit der aktuellen Studie ist, dass sie auf eine groß angelegte Langzeitstudie im Vereinten Königreich aufsetzt, der sogenannten UK Biobank. Diese hat das Ziel, Determinanten für das Entstehen von Erkrankungen im mittleren und höheren Alter zu identifizieren und schließt hierzu über eine halbe Million Probandinnen und Probanden ein. (12) Von diesen griff die vorliegende Arbeit nun 60.298 Personen im Alter von 60 und mehr Jahren heraus und bewertete anhand von Fragebögen, inwieweit das Essverhalten der mediterranen Ernährung entsprach. In einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 9,1 Jahren – das entspricht etwa 549.000 Personenjahren – erkrankten 882 der Beobachteten an Demenz. Mithilfe von Regressionsmodellen untersuchten die Forschenden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einhaltung einer mediterranen Diät und dem Demenzrisiko gab.

Ergebnis

Studienteilnehmende, deren Ernährung am höchsten mit der mediterranen Diät übereinstimmte (höchstes Terzil), wiesen ein 23% geringeres Risiko eine Demenz zu entwickeln auf, als solche, die die geringste Übereinstimmung (unterstes Terzil) hatten. Dies entspricht einer absoluten Risikoreduktion von 0,55%. Bemerkenswerterweise zeigte sich keine signifikante Interaktion zwischen der Ernährungsübereinstimmung und dem individuellen polygenetischen Risikofaktor.

Einschätzung

Die Stärke der Studie liegt definitiv in der großen Stichprobe und langen Nachbeobachtungszeit. Aussagekräftig ist sie außerdem durch mehrere Sensitivitätsanalysen, die die Belastbarkeit der Daten untermauern. Als Limitierung ließe sich anführen, dass die Probandinnen und Probanden alle europäischer Abstammung waren (weiße Hautfarbe, vornehmlich britische oder irische Herkunft). Zukünftige Forschung darf hier gerne weiter fassen.

Abschließend sei noch erwähnt, dass auch hier, wie so häufig, zwar ein Zusammenhang der Faktoren "mediterrane Ernährung" und "Demenzrisiko", aber noch keine kausale Korrelation gezeigt wurde. Tatsächlich besteht theoretisch sogar die Möglichkeit einer umgekehrten Kausalität, wenn auch unwahrscheinlich: eine geringere Adhärenz zur mediterranen Ernährung könnte – durch das Vergessen – auch eine Konsequenz einer sich entwickelnden oder bereits bestehenden Demenz sein (im Gegensatz zu einem möglichen Auslöser derselben).

Literatur zu "Demenz-Risiko durch mediterrane Ernährung senken"

1) Shannon, O.M., Ranson, J.M., Gregory, S. et al. Mediterranean diet adherence is associated with lower dementia risk, independent of genetic predisposition: findings from the UK Biobank prospective cohort study. BMC Med 21, 81 (2023). Link

2) Scarmeas N, Anastasiou CA, Yannakoulia M. Nutrition and prevention of cognitive impairment. Lancet Neurol. 2018;17:1006–15. Link

3) Siervo M, Shannon OM, Llewellyn DJ, Stephan BC, Fontana L. Mediterranean diet and cognitive function: From methodology to mechanisms of action. Free Radic Biol Med. 2021;176:105–17. Link

4) Limongi F, Siviero P, Bozanic A, Noale M, Veronese N, Maggi S. The Effect of Adherence to the Mediterranean Diet on Late-Life Cognitive Disorders: A Systematic Review. J Am Med Dir Assoc. 2020;21:1402–9. Link

5) Barbaresko J, Lellmann AW, Schmidt A, Lehmann A, Amini AM, Egert S, et al. Dietary Factors and Neurodegenerative Disorders: An Umbrella Review of Meta-Analyses of Prospective Studies. Adv Nutr. 2020;11:1161–73. Link

6) Feart C, Samieri C, Rondeau V, Amieva H, Portet F, Dartigues J-F, et al. Adherence to a Mediterranean diet, cognitive decline, and risk of dementia. JAMA. 2009;302:638–48. Link

7) Roberts RO, Geda YE, Cerhan JR, Knopman DS, Cha RH, Christianson TJH, et al. Vegetables, Unsaturated Fats, Moderate Alcohol Intake, and Mild Cognitive Impairment. Dement Geriatr Cogn Disord. 2010;29:413–23. Link

8) Olsson E, Karlström B, Kilander L, Byberg L, Cederholm T, Sjögren P. Dietary patterns and cognitive dysfunction in a 12-year follow-up study of 70 year old men. J Alzheimers Dis. 2015;43:109–19. Link

9) Haring B, Wu C, Mossavar-Rahmani Y, Snetselaar L, Brunner R, Wallace RB, et al. No Association between Dietary Patterns and Risk for Cognitive Decline in Older Women with 9-Year Follow-Up: Data from the Women’s Health Initiative Memory Study. J Acad Nutr Diet. 2016;116:921-930.e1. Link

10) Larsson SC, Wolk A. The Role of Lifestyle Factors and Sleep Duration for Late-Onset Dementia: A Cohort Study. J Alzheimers Dis. 2018;66:579–86. Link

11) Andreu-Reinón ME, Chirlaque MD, Gavrila D, Amiano P, Mar J, Tainta M, et al. Mediterranean Diet and Risk of Dementia and Alzheimer’s Disease in the EPIC-Spain Dementia Cohort Study. Nutrients. 2021;13:700. Link

12) Ollier W, Sprosen T, Peakman T. UK Biobank: from concept to reality. Pharmacogenomics. 2005;6:639–46. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61