Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Weniger Zahnbelag durch Ölziehen mit Kokosöl
Studien kurz und knapp

Weniger Zahnbelag durch Ölziehen mit Kokosöl

Von Daniela Hacke M.A.

Zähne Mundraum

Nicht nur Zähneputzen, sondern auch tägliches Ölziehen mit Kokosöl hilft Plaque zu reduzieren sowie Karies und Zahnfleischerkrankungen vorzubeugen. Im Vergleich mit anderen Ölen schneidet Kokosöl über eine kürzere Anwendungszeit sogar besser ab.

Das Ölziehen ist ein traditionelles Verfahren, das in der Volksmedizin verwurzelt ist und unter Verwendung verschiedener Speiseöle wie Sonnenblumen-, Sesam-, Palm-, Maiskeim-, Reiskleie- und Kokosnussöl durchgeführt werden kann. Älter noch als Dr. Fedor Karachs Konzept des Ölziehens unter Verwendung von Sonnenblumenöl, das er in den 90er Jahren in Russland etabliert hat, ist das bereits in über 2000 Jahre alten ayurvedischen Texten als Kavala Gandoosha bzw. Kavala Graha erwähnte Ölziehen mit Sesamöl und anderen Ölen. Auch heute noch spielen Ölanwendungen, unter anderem das Ölziehen, in der indischen Volksheilkunde eine wichtige Rolle.

Vor diesem Hintergrund führten indische Wissenschaftler eine Studie durch, die die Wirkung täglichen Ölziehens unter Verwendung von Kokosöl auf die Plaque-Bildung bei Studenten des Panineeya-Instituts für Dentologie in Hyderabad untersuchen sollte. [1] Die Wahl der Wissenschaftler fiel aus verschiedenen Gründen auf Kokosöl als Intervention. Kokosöl weist einen hohen Gehalt an Laurinsäure auf, die während des Ölziehens mit dem im Speichel enthaltenen Natriumhydroxid reagiert und das für den Reinigungsprozess im Mundraum und die Prävention der Plaque-Bildung wichtige Natriumlaurat bildet. Zudem verfügt Kokosöl über eine hohe Verseifungszahl, die das Maß der in einem Gramm Fett oder Öl gebundenen Säuren angibt, was für die Hemmung des bakteriellen Wachstums relevant sein kann. Ein weiterer Aspekt ist die gute Verfügbarkeit des Kokosöls in Indien, da es als heimisches Produkt breite Anwendung sowohl in der indischen Küche als auch ayurvedischen Heilkunst findet.

In die Studie wurden insgesamt 40 Studierende der Zahnmedizin ohne bestehende Zahn(fleisch)- und Mundraumerkrankungen und mit einem mittleren Plaque-Wert von 0,9145 Punkten eingeschlossen, die per Zufallsverfahren der Kokosöl- und der Kontroll-Gruppe, die Mineralwasser als Placebo-Kontrolle verwendete, zugeteilt wurden. Die Studienteilnehmer wurden angewiesen, über einen Zeitraum von sieben Tagen 10 bis 15 ml (≙ ca. 1 Esslöffel) Kokosöl oder aber Mineralwasser etwa 10 Minuten lang im Mund zu bewegen und anschließend auszuspucken. Während der Therapiephase sollte auf Zähneputzen und die Verwendung von Mundspülungen verzichtet werden. Zu Studienbeginn sowie am dritten und siebten Tag wurden die Plaque-Werte unter Verwendung des Quigely-Hein Plaque Index (Turesky-Modifikation) bei den Studienteilnehmern beider Gruppen erhoben.

Sowohl in der Therapie- als auch in der Kontrollgruppe war bereits nach 3 Tagen eine Reduktion der Plaque-Werte im Vergleich zum Studienbeginn um 0,29 Punkte (SD = 0,27) in der Kokosöl- und um 0,22 Punkte (SD = 0,38) in der Kontrollgruppe festzustellen. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen erwies sich aber zu diesem Zeitpunkt als statistisch nicht signifikant. Erst nach 7 Tagen zeigte sich der Rückgang der Plaque-Bildung in der Therapiegruppe im Vergleich mit der Kontrollgruppe statistisch signifikant: Durch das Ölziehen mit Kokosöl konnte der Plaque-Index um weitere 0,19 Punkte reduziert werden, während der Wert in der Kontrollgruppe mit einer Plaque-Reduktion von 0,02 Punkten nahezu gleich blieb. 

Einschätzung

Kokosöl könnte laut der vorliegenden Studie im Rahmen des Ölziehens aufgrund seiner positiven Eigenschaften nicht nur eine effektive, nebenwirkungsarme Alternative zu standardmäßig eingesetzten Chlorhexidin-haltigen Mundspülungen, sondern auch zu anderen Ölen wie z.B. Sonnenblumen- oder Sesamöl darstellen. Beispielsweise bewirkte das Ölziehen unter Verwendung von Sesamöl in einer früheren Studie nach einem Anwendungszeitraum von 45 Tagen eine Plaque-Reduktion von 18-30 Prozent, während in der aktuellen Studie in nur sieben Tagen bereits eine Plaque-Reduktion von 29 Prozent erreicht werden konnte. [2] Inwiefern diese Tendenz jedoch über einen längeren Behandlungszeitraum anhält, kann die Studie aufgrund des kurzen Studienzeitraums nicht beantworten. Kritisch zu beurteilen ist auch die Entscheidung für Mineralwasser als Placebo-Kontrolle, da sich dieses in Aussehen, Geschmack und Konsistenz deutlich von dem Verum unterscheidet. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Entwicklung der Plaque-Bildung in der Kontrollgruppe durch dieses Detail wesentlich beeinflusst worden ist.

Auf der Anwendungsebene ist der angenehme Geschmack des Kokosöls im Vergleich mit anderen Ölen hervorzuheben. Für eine Anwendung im Rahmen des Ölziehens sollte man auf gute Bio-Qualität des verwendeten Kokosöls sowie auf die Einhaltung gewisser Vorgaben hinsichtlich der Durchführung achten, wie z.B. die morgendliche Anwendung auf nüchternen Magen, die mindestens zehn Minuten dauern sollte. Anders als in der Studie sollte man aber trotz positiver Effekte des Ölziehens auf regelmäßiges Zähneputzen nicht verzichten!

Literatur

1) Nagilla J, Kulkarni S, Madupu PR, Doshi D, Bandari SR, Srilatha A. Comparative evaluation of antiplaque efficacy of coconut oil pulling and a placebo, among dental college students: A randomized controlled trial 2017; J Clin Diagn Res 2017; 11(9): ZC08-ZC011 Abstract

2) Amith HV, Ankola AV, Nagesh L. Effect of oil pulling on plaque and gingivitis. J Oral Health Commun Dent 2007; 1(1): 12-18 Abstract