Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Natürliche Alternativen zum Erhalt der Zahn(fleisch)gesundheit
Studien kurz und knapp

Natürliche Alternativen zum Erhalt der Zahn(fleisch)­gesundheit

Von Daniela Hacke M.A.

Zähne Phytotherapie

In einer Studie erwiesen sich Mundspülungen auf pflanzlicher und probiotischer Basis als ebenso wirksam wie Standardanwendungen mit dem Wirkstoff Chlorhexidin, möglicherweise sogar wesentlich nebenwirkungsärmer als dieser.

Etwa 80 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden unter einer mäßigen bis schweren Form der Zahnfleischentzündung (Gingivitis). Somit gehört die Gingivitis zu den sogenannten Volkskrankheiten, die auch von gesundheitsökonomischer Relevanz sind. Denn in schweren Fällen einer chronischen Gingivitis kann es zur Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) kommen, die nicht selten zum Zahnverlust und damit der Notwendigkeit eines Zahnersatzes führt.

Da die Ursachen einer Zahnfleischentzündung in Zahnbelag (Plaque) oder verletztem Zahnfleisch – beides beste Voraussetzungen für die Ansiedlung von Bakterien – liegen, ist eine gründliche Mundhygiene, die über das zweimal tägliche Zähneputzen hinausgeht, angeraten. Den Standard in der Gingivitisprophylaxe und -therapie bildet die vorübergehende unterstützende Behandlung mit dem Antiseptikum Chlorhexidin. So wirksam sich der Wirkstoff bei bakteriellen Infektionen im Mundraum wie beispielsweise Zahnfleischentzündungen auch zeigt, so umfangreich ist auch die Palette der möglichen Nebenwirkungen. In einer Meldung zu Arzneimittelrisiken warnt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gar vor lebensbedrohlichen Nebenwirkungen in Form von anaphylaktischen Reaktionen, die bei Risikopatienten mit allergischer Historie auftreten können. [1]

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Auf der Suche nach wirksamen, aber nebenwirkungsfreien Alternativen untersuchten Wissenschaftler im Rahmen vergangener Studien die Effekte von natürlichen antiseptischen Wirkstoffen wie z.B. Neem-Öl, welches vielversprechende Wirkungen in der Plaque- und Gingivitiskontrolle entfaltete. [2] Indische Wissenschaftler untersuchten nun die Wirksamkeit und Sicherheit zweier Mundspülungen auf natürlicher Basis im Vergleich mit einer Chlorhexidin-haltigen Mundspülung in der Prävention von Zahnfleischentzündungen und Plaquebildung. [3]

Insgesamt 45 gesunde Studienteilnehmer ohne Zahnfleischerkrankungen oder anderweitige Erkrankungen im Mundraum im Alter von 18 bis 21 Jahren wurden nach dem Zufallsprinzip auf drei Gruppen aufgeteilt. Die Anweisungen für die Teilnehmer in allen drei Gruppen lautete, eine halbe Stunde nach dem Zähneputzen zweimal täglich für jeweils 60 Sekunden mit der ihnen zugewiesenen Mundlösung zu spülen. Der Anwendungszeitraum betrug insgesamt zwei Wochen. Die pflanzliche Kombinationslösung (HiOra) setzte sich primär aus in der ayurvedischen Medizin verwendeten Heilsubstanzen verschiedener Herkunft zusammen: Pilu (bot. Salvadora persica), Bibhitaka (bot. Terminalia bellirica), Nagavalli (bot. Piper betle), Ganhapurataila (bot. Gaultheria fragrantissima), Ela (bot. Elettaria cardamomum), Peppermint satva (bot. Mentha piperita), Yavanisatva (bot. Thymus vulgaris). Das probiotische, in Pulverform vorliegende und zur Lösung in Wasser vorgesehene Mundspülpräparat enthielt Bakerienkulturen wie Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus rhamnosus, Bifidobacterium longum und Saccharomyces boulardii. Als Kontrolle diente eine Mundspülung mit einer 0,2-prozentigen Chlorhexidin-Lösung. Während die Probanden in der Gruppe mit der pflanzlichen Kombinationslösung sowie in der Gruppe mit der Chlorhexidin-Lösung die Mundspülung nach der Anwendung wieder ausspuckten, wurden die Teilnehmer in der Gruppe mit der probiotischen Mundspülung gebeten, diese nach dem Spülprozess hinunterzuschlucken, so dass sich die Wirkung der probiotischen Bestandteile zum einen lokal im Mundraum und zum anderen auf systemischer Ebene, d.h. über das Blut- und/oder Lymphsystem auf den ganzen Körper wirkend, entfalten kann. Per standardisierter Messverfahren  (Oral Hygiene Index = OHI-S, Plaque Index = PI und Gingival Index = GI) wurden auftretende Veränderungen hinsichtlich Mundhygiene, Plaque- und Gingivitisbildung, ermittelt. Nach sieben Tagen war kein signifikanter Unterschied zwischen den drei Gruppen, mit Ausnahme der Messung hinsichtlich der gingivalen Gesundheit (GI), nach der das pflanzliche Präparat sich der probiotischen Mundlösung als leicht überlegen erwies, festzustellen. Nach 14 Tagen konnte letztendlich in allen drei Gruppen eine signifikante Verbesserung der Mundhygiene, Plaquebildung und Zahnfleischgesundheit (wie z.B. Zahnfleischbluten) konstatiert werden.

Zahnfleischentzündung

Zahnfleischentzündung

Zahnhygiene und effektive Selbsthilfemaßnahmen

Annette Kerckhoff · Christel Pfeifer

ISBN: 978-3-96562-076-6
Erscheinungsjahr: 2023

6,90 EUR

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Einschätzung

Sowohl das in der vorliegenden Studie untersuchte pflanzliche als auch das probiotische Präparat zur Mundspülung scheinen sich in der Prophylaxe gingivaler Erkrankungen als begleitende Maßnahmen zum zweimal täglichen Zähneputzen zu eignen. Leider – und das wäre tatsächlich einer der interessanteren Aspekte des Vergleichs der drei Mundspülungen gewesen – fehlen Informationen über eventuelle Nebenwirkungen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Suche nach einer nebenwirkungsfreien Alternative zu Chlorhexidin-Präparaten wären Informationen zur Verträglichkeit der einzelnen Mundlösungen wünschenswert gewesen. Insgesamt mangelt es der Studie an Sorgfalt in der Dokumentation der Ergebnisse, aber auch auf methodischer Ebene; z.B. hinsichtlich des Randomisationsverfahrens und der niedrigen Teilnehmerzahl, gibt es Verbesserungsbedarf. Somit steht das Studienergebnis leider eher auf wackligen Beinen. Die in dieser Studie ermittelte Tendenz sollte in besser konzipierten Studien auf einer qualitativ höheren Ebene verfestigt werden.

Weitere, im Rahmen klinischer Forschung untersuchte Methoden zur Gingivitis-Prophylaxe und -Therapie wären beispielsweise das Ölziehen (z.B. mit Sonnenblumenöl) sowie Mundspülungen mit grünem Tee, Propolis oder Aloe vera.

Literatur

1) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Chlorhexidin: Anaphylaktische Reaktionen (Meldung vom 27.09.2013) Abstract

2) Deshmukh MA, Dodamani AS, Karibasappa G, Khairnar MR, Naik RG, Jadhav HC. Comparative evaluation of the efficacy of probiotic, herbal and chlorhexidine mouthwash on gingival health: a randomized clinical trial. J Clin Diagn Res 2017; 11(3): ZC13-ZC16 Abstract

3) Dhingra K, Vandana KL. Effectiveness of Azadirachta indica (neem) mouthrinse in plaque and gingivitis control: a systematic review. Int J Dent Hygiene 2017; 15(1): 4-15 Abstract