Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Pflanzlicher Säurehemmer lindert Reflux-Beschwerden
Studien kurz und knapp

Pflanzlicher Säurehemmer lindert Reflux-Beschwerden

Von Daniela Hacke M.A.

Reflux Phytotherapie

In einer vorläufigen Studie zeigte sich ein Extrakt aus der Indischen Stachelbeere (Amla) als wirksame und nebenwirkungsarme Alternative zu konventionellen Säureblockern bei nicht-erosiver Refluxkrankheit.

Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit sind betroffene Patienten oft dauerhaft auf die Einnahme säurehemmender Medikamente wie z.B. Protonenpumpeninhibitoren (PPI) oder Histaminrezeptorantagonisten angewiesen. Diese führen jedoch häufig zu unerwünschten Wirkungen und können langfristig sogar ernsthafte organische Beschwerden und Schäden zur Folge haben.
Iranische Wissenschaftler führten nun auf der Suche nach einer wirkungsvollen, gut verträglichen Alternative eine Studie durch, in deren Rahmen die Effekte eines aus den getrockneten Früchten des Amla-Baums hergestellten Extrakts auf die Symptome bei nicht-erosiver Refluxkrankheit untersucht werden sollten. [1] Seit Jahrtausenden wird die auch als Indische Stachelbeere (Phyllantus emblica L.) bekannte Pflanze in der Traditionellen Persischen und Indischen Medizin bei diversen Erkrankungen und Beschwerden eingesetzt, darunter auch als Gastrotonikum zur Linderung von Magenbeschwerden wie Sodbrennen. Obwohl mehrere vorklinische Untersuchungen auf eine säurehemmende Wirkung von Amla-Extrakten hinweisen, existieren bisher keine Erkenntnisse aus Humanstudien auf diesem Gebiet.

Im Rahmen der vorliegenden, im Doppelblind-Design durchgeführten Studie wurden 293 weibliche und männliche Patienten im Alter von 16 bis 80 Jahren mit mindestens seit drei Monaten bestehenden Reflux-spezifischen Symptomen rekrutiert. Eine zweiwöchige Veränderung der Lebensstilbedingungen wie z.B. Ernährungsgewohnheiten vor dem eigentlichen Therapiemodul sollte gewährleisten, dass nur solche Patienten in die Studie eingeschlossen werden, die massive, nicht durch Lebensstilmodifikation zu bewältigende Beschwerden aufweisen. Nach Beendigung des Ausschlussverfahrens verblieben 68 Teilnehmer, die nach dem Zufallsprinzip der Verum- oder Placebogruppe zugeteilt wurden. In der Therapiegruppe erhielten die Probanden über einen Zeitraum von vier Wochen zwei Mal täglich zwei Tabletten mit je 500 mg Amla-Extrakt, die sie nach den Mahlzeiten einnehmen sollten. Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe erhielten ein in Aussehen und Geschmack dem Verum ähnelndes Placebopräparat, das sie in der gleichen Frequenz zu sich nahmen. Zu Beginn, nach zwei und nach vier Wochen machten die Studienteilnehmer mittels eines standardisierten Fragebogens Angaben zur Häufigkeit und Schwere der auftretenden Reflux-assoziierten Symptome, die saures Aufstoßen, Drücken im Brustbeinbereich, Schmerzen in der Magengrube und ein brennendes Gefühl in der Kehle implizierten. Zusätzlich wurden während der zwei Follow-up-Visiten potenziell auftretende Nebenwirkungen erfasst.

Sowohl im Vergleich mit den Ausgangswerten als auch im Vergleich mit der Placebogruppe war in der Verumgruppe nach der vierwöchigen Therapiephase eine signifikante Reduktion hinsichtlich des Auftretens und der Intensität sauren Aufstoßens und Sodbrennens zu beobachten. Da sowohl die Häufigkeit als auch die Schwere der Symptome nach vier Wochen um fast die Hälfte gesenkt werden konnten, kann dieser Effekt als klinisch signifikant bezeichnet werden. Im Vergleich erreichten Protonenpumpeninhibitoren in sieben von den Wissenschaftlern zitierten Studien auf der Ebene des sauren Aufstoßens lediglich eine Reduktion um 17 Prozent gegenüber Placebo. Mit der Ausnahme eines Patienten, der über eine Verschlechterung des Sodbrennens berichtete, wurde das Amla-Präparat von allen Studienteilnehmern gut vertragen.  

Einschätzung

Angesichts der bei regelmäßiger Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren zu erwartenden Nebenwirkungen erscheint ein Extrakt aus den Früchten der Indischen Stachelbeere als plausible Therapieoption, zumindest, wenn man die zunächst als vorläufig zu beurteilenden Resultate der vorliegenden Studie berücksichtigt. Einschränkend ist hier jedoch zu kritisieren, dass die Ergebnisse ausnahmslos auf der Basis subjektiver Daten, d.h. der Beurteilung der Symptome durch die Patienten selbst, erzielt wurden. Eine Berücksichtigung objektiver Labormessungen, z.B. hinsichtlich des nitrosativen Stresses, d.h. einer erhöhten Stickstoff-Gas-Produktion durch Erschlaffung und Weitstellung des Magens, wie sie oft mit der gastroösophagealen Refluxerkrankung assoziiert wird, wäre eine zusätzliche Option zur Klassifizierung der durch den Amla-Extrakt erzielten Effekte. Zudem ist in zukünftigen Studien der spezifische Wirkmechanismus des pflanzlichen Extrakts unter Einbeziehung einer größeren Probandenzahl über einen längeren Beobachtungszeitraum zu klären. Ebenso sollte untersucht werden, ob eine Therapie mit Amla-Extrakt ebenso gut oder aber besser wirkt als ein Standardmedikament. Eine Lebensstilveränderung, allen voran eine Umstellung der Ernährung sowie regelmäßige Entspannungsübungen zum besseren Umgang mit Stress und der Verzicht auf Nikotin und Alkohol, sollte die medikamentöse Therapie jedoch grundsätzlich begleiten.

Tipp:
Der hier verwendete Amla-Extrakt wurde speziell für die Studie hergestellt und ist so nicht im Handel erhältlich. Vergleichbare Präparate in Pulver- oder Kapselform, vorzugsweise in Bio-Qualität, können jedoch über den Online-Handel bezogen werden.

Literatur

1) Varnosfaderani SK, Hasehm-Dabaghian F, Amin G, Bozorgi M, Heydarirad G, Nazem E, Toosi MN, Mosavat SH. Efficacy and safety of Amla (Phyllanthus emblica L.) in non-erosive reflux disease: a double-blind, randomized, placebo-controlled clinical trial. J Integr Med 2018; 16: 126-131 Abstract