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Akupunktur und Massage bei krebsbedingten Schmerzen

Akupunktur und Massage bei krebsbedingten Schmerzen

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Onkologie Akupunktur Integrative Medizin

Welchen Beitrag leisten Akupunktur und Massage im Schmerzmanagement bei Menschen mit Krebserkrankung?

Eine aktuelle Studie (1) vergleicht beide nicht-medikamentösen Verfahren miteinander.

Ausgangs- und Forschungslage

Bis zu zwei Drittel der Menschen mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung leiden an tumorbedingten Schmerzen. (2,3) Dieser Schmerz, oft einhergehend mit Fatigue und Schlafstörungen, beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen zusätzlich und stellt eine Herausforderung für die Therapie dar. (4-10)

Üblicherweise werden Analgetika zur Schmerzlinderung eingesetzt. Opioide u.ä. sind zwar wirksam, allerdings durch mögliche Neben- und Wechselwirkungen auch nicht unproblematisch. Nicht-medikamentöse Verfahren sind daher wertvoll, was eine 2022 von der American Society of Clinical Oncology und der Society for Integrative Oncology herausgegebene Leitlinie unterstreicht: Dort wird empfohlen, Akupunktur und Massage im Schmerzmanagement zu bedenken. (11)

Aus früheren Studien gibt es bereits Hinweise, dass Akupunktur krebsbedingte Schmerzen langfristig lindern kann (12,13,14), allerdings kaum mit Augenmerk auf ein fortgeschrittenes Stadium. (15) Die Massage hat sich als kurzfristig schmerzlindernd erwiesen (16), Daten zu einer Langzeitwirkung sind jedoch lückenhaft und ein Vergleich der beiden Verfahren steht ebenfalls aus (17). Genau dort setzt die vorliegende Arbeit an.

298 ProbandInnen, 10 Wochen Interventionen, 26 Wochen Beobachtungszeit

Insgesamt 298 ProbandInnen (200 Frauen, 98 Männer; Durchschnittsalter 58,7 Jahre) mit der Diagnose einer fortgeschrittenen Krebserkrankung und einer Lebenserwartung von mindestens sechs Monaten wurden in die Studie eingeschlossen. 78,5% der PatientInnen hatten einen soliden Tumor, die häufigsten Krebsarten waren Blutkrebs (21,5%), Brustkrebs (19,8%), Krebs im gynäkologischen (14,4%) und im Magen-Darm-Bereich (11,7%). Die Diagnose lag im Mittel 5,6 Jahre zurück. Die höchste mittlere Schmerzintensität betrug 6,9 auf der Brief Pain Inventory-Skala (BPI) von 0-10, wobei der Schmerz im Mittel bereits 3,8 Jahre andauerte.

Die PatientInnen wurden zufällig zwei Gruppen zugeordnet. In der Akupunktur-Gruppe wurden zwischen 10 und 20 Nadeln in dem Bereich mit den meisten Schmerzen sowie an ergänzenden Punkten gesetzt und teilweise elektrisch stimuliert. Die Sitzungen dauerten jeweils 30 min., wobei die Nadeln 20 min. im Körper verblieben. In der Massage-Gruppe dauerten die Sitzungen insgesamt ebenfalls 30 min., begannen jeweils mit Zwerchfellatmungsübungen, Rippenmobilisierung und Lockerungen im Bereich des Hinterkopfes, um den Tonus des Parasympathikus zu erhöhen. Anschließend folgte für 20 min. eine Massage im Bereich des Schmerzes, gefolgt von einer Streichung in Herzrichtung. Die Teilnehmenden erhielten für eine Dauer von bis zu zehn Wochen einmal wöchentlich ihre entsprechende Sitzung, anschließend jeweils einmal im Monat eine Auffrischungssitzung. Die Beobachtungszeit betrug 26 Wochen.

Ergebnis

Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden zeigte noch nach 26 Wochen eine klinische Reaktion auf die jeweilige Behandlung: Im Vergleich zu Studienbeginn hatte sich die Schmerzintensität in der Akupunktur-Gruppe im Mittel um -2,53 Punkte auf der BPI-Skala verringert, in der Massage-Gruppe um -3,01 Punkte. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war damit nicht signifikant, sodass beide Verfahren gleichermaßen für das Schmerzmanagement relevant erscheinen. Dieser Schluss spiegelt sich auch darin wider, dass sowohl Akupunktur als auch Massage schmerzbedingte Funktionsstörungen, Fatigue und Schlaflosigkeit linderten sowie die körperbezogene Lebensqualität erhöhten. Der Anteil der ProbandInnen, die Analgetika einnahmen, war von 54,7% zu Studienbeginn auf nur noch 27,5% in der Akupunktur- und 35,6% in der Massage-Gruppe nach 26 Wochen gesunken.

Fazit

Das Ergebnis der Studie ist vielversprechend. Das klinische Setting, in welchem die ProbandInnen z.T. weiterhin ihre Schmerzmittel einnahmen, demonstriert einen integrativen Ansatz. Insofern sollten Akupunktur oder Massage keinesfalls Medikamente ersetzen – sie könnten aber dazu beitragen, den Bedarf an diesen und damit mögliche unerwünschte Effekte zu reduzieren.

Eine Schwäche der Studie ist das Fehlen einer echten Kontroll-Gruppe, z.B. in Form eines Armes mit konventioneller Therapie allein. Hier wäre der Vergleich zur Akupunktur und Massage sehr interessant.

Literatur zu "Akupunktur und Massage bei krebsbedingten Schmerzen"

1) Epstein AS, Liou KT, Romero SAD, Baser RE, Wong G, Xiao H, Mo Z, Walker D, MacLeod J, Li Q, Barton-Burke M, Deng GE, Panageas KS, Farrar JT, Mao JJ. Acupuncture vs Massage for Pain in Patients Living With Advanced Cancer: The IMPACT Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2023 Nov 1;6(11):e2342482. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.42482. PMID: 37962891; PMCID: PMC10646731. Link

2) van den Beuken-van Everdingen  MH , Hochstenbach  LM , Joosten  EA , Tjan-Heijnen  VC , Janssen  DJ .  Update on prevalence of pain in patients with cancer: systematic review and meta-analysis.   J Pain Symptom Manage. 2016;51(6):1070-1090.e9. doi:10.1016/j.jpainsymman.2015.12.340. Link

3) Porta-Sales  J , Nabal-Vicuna  M , Vallano  A ,  et al.  Have we improved pain control in cancer patients? a multicenter study of ambulatory and hospitalized cancer patients.   J Palliat Med. 2015;18(11):923-932. doi:10.1089/jpm.2015.29002.jps. Link

4) Dong  ST , Butow  PN , Costa  DS , Lovell  MR , Agar  M .  Symptom clusters in patients with advanced cancer: a systematic review of observational studies.   J Pain Symptom Manage. 2014;48(3):411-450. doi:10.1016/j.jpainsymman.2013.10.027. Link

5) Dong  ST , Butow  PN , Tong  A ,  et al.  Patients’ experiences and perspectives of multiple concurrent symptoms in advanced cancer: a semi-structured interview study.   Support Care Cancer. 2016;24(3):1373-1386. doi:10.1007/s00520-015-2913-4. Link

6) Johnsen  AT , Petersen  MA , Pedersen  L , Groenvold  M .  Symptoms and problems in a nationally representative sample of advanced cancer patients.   Palliat Med. 2009;23(6):491-501. doi:10.1177/0269216309105400. Link

7) Kirkova  J , Rybicki  L , Walsh  D , Aktas  A , Davis  MP , Karafa  MT .  The relationship between symptom prevalence and severity and cancer primary site in 796 patients with advanced cancer.   Am J Hosp Palliat Care. 2011;28(5):350-355. doi:10.1177/1049909110391464. Link

8) Walsh  D , Donnelly  S , Rybicki  L .  The symptoms of advanced cancer: relationship to age, gender, and performance status in 1,000 patients.   Support Care Cancer. 2000;8(3):175-179. doi:10.1007/s005200050281. Link

9) Walsh  D , Rybicki  L .  Symptom clustering in advanced cancer.   Support Care Cancer. 2006;14(8):831-836. doi:10.1007/s00520-005-0899-z. Link

10) Dodd  MJ , Miaskowski  C , Paul  SM .  Symptom clusters and their effect on the functional status of patients with cancer.   Oncol Nurs Forum. 2001;28(3):465-470. Link

11) Mao  JJ , Ismaila  N , Bao  T ,  et al.  Integrative medicine for pain management in oncology: Society for Integrative Oncology-ASCO guideline.   J Clin Oncol. 2022;40(34):3998-4024. doi:10.1200/JCO.22.01357. Link

12) Hershman  DL , Unger  JM , Greenlee  H ,  et al.  Effect of acupuncture vs sham acupuncture or waitlist control on joint pain related to aromatase inhibitors among women with early-stage breast cancer: a randomized clinical trial.   JAMA. 2018;320(2):167-176. doi:10.1001/jama.2018.8907. Link

13) Mao  JJ , Liou  KT , Baser  RE ,  et al.  Effectiveness of electroacupuncture or auricular acupuncture vs usual care for chronic musculoskeletal pain among cancer survivors: the PEACE randomized clinical trial.   JAMA Oncol. 2021;7(5):720-727. doi:10.1001/jamaoncol.2021.0310. Link

14) Hershman  DL , Unger  JM , Greenlee  H ,  et al.  Comparison of acupuncture vs sham acupuncture or waiting list control in the treatment of aromatase inhibitor–related joint pain: a randomized clinical trial.   JAMA Netw Open. 2022;5(11):e2241720. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.41720. Link

15) He  Y , Guo  X , May  BH ,  et al.  Clinical evidence for association of acupuncture and acupressure with improved cancer pain: a systematic review and meta-analysis.   JAMA Oncol. 2020;6(2):271-278. doi:10.1001/jamaoncol.2019.5233. Link

16) Kutner  JS , Smith  MC , Corbin  L ,  et al.  Massage therapy versus simple touch to improve pain and mood in patients with advanced cancer: a randomized trial.   Ann Intern Med. 2008;149(6):369-379. doi:10.7326/0003-4819-149-6-200809160-00003. Link

17) Boyd  C , Crawford  C , Paat  CF , Price  A , Xenakis  L , Zhang  W ; Evidence for Massage Therapy (EMT) Working Group.  the impact of massage therapy on function in pain populations—a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials: part II, cancer pain populations.   Pain Med. 2016;17(8):1553-1568. doi:10.1093/pm/pnw100. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

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