Komplementäre und
Integrative Medizin
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Aktiv-Wach-Hypnose bei Restless-Legs-Syndrom
Carstens-Stiftung und RLS e.V. fördern Projekt an der Berliner Charité

Aktiv-Wach-Hypnose bei Restless-Legs-Syndrom

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Hypnose Integrative Medizin

Zur Linderung der Symptomatik beim Restless-Legs-Syndrom werden dringend nicht-medikamentöse Verfahren benötigt. Die Carstens-Stiftung und der RLS e.V. fördern daher gemeinsam eine Studie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin: Dr. Julia Siewert und ihr Team prüfen, ob Aktiv-Wach-Hypnose die Lebensqualität von RLS-PatientInnen verbessert. Idealerweise wird so ein niederschwelliges, kostengünstiges Therapieangebot geschaffen, mit denen Betroffene selbstwirksam Lebensqualität zurückgewinnen.

Krankheitsbild Restless-Legs-Syndrom

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) ist meist durch Missempfindungen in den Beinen gekennzeichnet, die insbesondere am Abend und in der Nacht auftreten und mit einem beinahe zwanghaften Bewegungsdrang verbunden sind. Verständlicherweise geht die Erkrankung häufig mit Schlafstörungen einher und mindert die Lebensqualität von Betroffenen – vermutlich mehr als 10% der Gesamtbevölkerung (1-3) – deutlich. Die Beschwerden können unter psychischen Belastungen stärker ausgeprägt sein, gleichzeitig stellen sie selbst eine Belastung für die Psyche dar. (4-6)

Medikamentöse Therapie oft unzureichend

Die Linderung durch die routinemäßige pharmakologische Behandlung hält leider oft nicht lange an. Bei annähernd zwei Drittel der PatientInnen kehren die Beschwerden zurück und werden teils sogar als stärker empfunden. (7-9) Entsprechend empfehlen die deutschen Leitlinien, eine anhaltende medikamentöse Therapie so spät wie möglich erfolgen zu lassen. Dringend werden wirksame nicht-medikamentöse Verfahren benötigt.

Ob die Aktiv-Wach-Hypnose ein solches Verfahren sein könnte, prüft nun eine Arbeitsgruppe um Dr. Julia Siewert, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Gefördert wird das Projekt gemeinsam von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung und der Deutschen Restless Legs Vereinigung (RLS e.V.).

Dr. Julia Siewert
Dr. Julia Siewert

Aktiv-Wach-Hypnose vielversprechend

Die Aktiv-Wach-Hypnose ist ein Verfahren der Hypnotherapie und hat ihren Ursprung in der Sportmedizin. (10) Im Gegensatz zur klassischen Hypnose erfolgt sie mit offenen Augen und kombiniert die Suggestionen mit einer rhythmischen körperlichen Aktivität, z.B. auf einem Pedaltrainer. Das Bewegungsbedürfnis soll nicht unterdrückt, sondern gerade dazu genutzt werden, eine körperliche und mentale Entspannung zu erreichen. RLS-PatientInnen kommt dies entgegen. Außerdem lässt sich durch Aktiv-Wach-Hypnose nachweislich der Cortisolspiegel beeinflussen (11-15), welcher bei RLS-PatientInnen in der Nacht häufig ansteigt. (16) Das Verfahren ist also äußert vielversprechend, allein die wissenschaftliche Überprüfung im Kontext von RLS steht noch aus.

84 RLS-PatientInnen, 12 Wochen Intervention, 24 Wochen Beobachtungszeit

Genau hier setzen Dr. Siewert und ihr Team nun an. Insgesamt 84 PatientInnen zwischen 18-70 Jahren mit mittelgradiger RLS-Symptomatik (IRLS-Gesamtscore ≥ 20) sollen in die Studie eingeschlossen werden.
Innerhalb von 12 Wochen erhält eine Gruppe (42 PatientInnen) vier individuelle Aktiv-Wach-Hypnose-Sitzungen (je 50 min.) bei einem ausgebildeten Hypnotherapeuten oder einer ausgebildeten Hypnotherapeutin. Zusätzlich soll mithilfe von Audiodateien einmal täglich selbst eine Aktiv-Wach-Hypnose auf einem zur Verfügung gestellten Pedaltrainer durchgeführt werden (je 15 min.).
Die andere Gruppe erhält innerhalb der 12 Wochen vier verhaltenstherapeutische Sitzungen (je 50 min.) und soll täglich bestimmte Interventionen der kognitiven Verhaltenstherapie selbständig durchführen (je 15 min.). Dazu gehört etwa das Führen eines Emotionstagebuchs, die Bewusstmachung problematischer Gedankenmuster, die Übung konstruktiver Verhaltensweisen u. Ä. Das Programm dieser aktiven Kontrollgruppe wurde entwickelt, um personelle Aufmerksamkeit und soziale Interaktion anzubieten, die vergleichbar mit dem Aktiv-Wach-Hypnose-Programm ist.
Eine ggf. bereits bestehende Routineversorgung darf in beiden Gruppen fortgeführt werden, ebenso ist der Einsatz von Bedarfsmedikation erlaubt.

Nach der Interventionsdauer von 12 Wochen soll der Schweregrad des RLS nach der IRLS-Skala bzw. dessen Veränderung in beiden Gruppen verglichen werden. Ebenso sollen u.a. der Langzeiteffekt nach 24 Wochen, das Wohlbefinden, die Lebens- und die Schlafqualität sowie der Medikamentenbedarf erfasst und gegenübergestellt werden.

Es ist geplant, 12 zufällig ausgewählte ProbandInnen (sechs pro Gruppe) in qualitativen Interviews zu ihrer Zufriedenheit mit der Intervention und deren Auswirkung zu befragen. Auf diese Weise sollen wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die Aktiv-Wach-Hypnose am besten an die Bedürfnisse von RLS-PatientInnen angepasst und dauerhaft in der RLS-Therapie etabliert werden könnte.

„Idealerweise schaffen wir mit der Aktiv-Wach-Hypnose ein niederschwelliges, kostengünstiges und leicht erreichbares Therapieangebot, das Betroffene in die Lage versetzt, selbstwirksam Lebensqualität zurückzugewinnen“, sagt Dr. Siewert. „Als begleitende Therapie könnte Aktiv-Wach-Hypnose außerdem helfen, Medikamente einzusparen und damit Nebenwirkungen zu reduzieren.“

Dr. Julia Siewert

Dr. med. Julia Siewert ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Studienkoordinatorin am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Die Carstens-Stiftung

Die gemeinnützige Karl und Veronica Carstens-Stiftung wurde 1981 vom damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens und seiner Ehefrau Dr. Veronica Carstens gegründet. 40 Jahre nach ihrer Errichtung ist die Carstens-Stiftung eine bedeutende Wissenschaftsorganisation auf dem Gebiet der Naturheilkunde und Komplementärmedizin und hat mit einer Fördersumme von 40 Millionen Euro über 300 Forschungsprojekte unterstützt.
Sie setzt sich für die Verankerung von Naturheilkunde und Komplementärmedizin in der medizinischen Forschung und Patientenversorgung ein. Hauptaufgaben sind die Förderung wissenschaftlicher Forschung und des medizinischen Nachwuchses sowie die fundierte Aufklärung über Anwendung und Nutzen naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Verfahren.

Die Deutsche Restless Legs Vereinigung (RLS e.V.)

Die Deutsche Restless Legs Vereinigung ist ein gemeinnütziger Verein der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe für Menschen, die am RLS leiden. Der RLS-Vereinigung steht ein medizinisch-wissenschaftlicher Beirat zur Seite, dem angesehene Experten auf dem Gebiet der RLS-Forschung angehören. Die zahlreichen regionalen Selbsthilfegruppen sind das Rückgrat ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Diese arbeiten selbstständig unter dem Dach der RLS-Vereinigung und bieten deutschlandweit gezielt Austausch, Hilfe und aktuelle Informationen an.
Die Öffentlichkeit über das RLS zu informieren, Betroffene und Angehörige in ihrem Alltag mit dem RLS zu unterstützen sowie Forschungsaktivitäten voranzutreiben sind seit der Gründung im Jahr 1995 die wichtigsten Anliegen der RLS-Vereinigung. Die RLS-Vereinigung unterstützt Forschungsprojekte auf dem Gebiet des RLS mit dem Ziel, die Krankheitsmechanismen entschlüsseln sowie neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten entwickeln zu können. Mittlerweile sind durch die RLS-Vereinigung bereits mehr als eine Million Euro in zahlreiche innovative Forschungsprojekte geflossen.

Literatur zu "Aktiv-Wach-Hypnose bei Restless-Legs-Syndrom"

1) Berger K & Kurth T. RLS epidemiology – frequencies, risk factors and methods in population studies. Mov Disord Off J Mov Disord Soc. 2007;22 Suppl 18: S420-423. Link

2) Ohayon MM, OʼHara R, Vitiello MV: Epidemiology of restless legs syndrome: a synthesis of the literature. Sleep Med Rev 2012; 16(4): 283 – 295. Link

3) Nagandla, K. and S. De, Restless legs syndrome: pathophysiology and modern management. Postgrad Med J, 2013. 89(1053): p. 402-10. Link

4) Szentkiralyi, A., et al., The relationship between depressive symptoms and restless legs syndrome in two prospective cohort studies. Psychosom Med, 2013. 75(4): p. 359-65. Link

5) Trautmann, E., et al., Restless Legs Syndrome: Psychiatric Comorbidities Are More Important Than Neuroticism. Behav Sleep Med, 2015. 13(5): p. 375-86. Link

6) Salas, R.E. and A.B. Kwan, The real burden of restless legs syndrome: clinical and economic outcomes. Am J Manag Care, 2012. 18(9 Suppl): p. S207-12. Link

7) Beneš, H., et al., Augmentation in the treatment of restless legs syndrome with transdermal rotigotine. Sleep Med, 2012. 13(6): p. 589-97. Link

8) García-Borreguero, D., et al., Systematic evaluation of augmentation during treatment with ropinirole in restless legs syndrome (Willis-Ekbom disease): results from a prospective, multicenter study over 66 weeks. Mov Disord, 2012. 27(2): p. 277-83. Link

9) Högl, B., et al., Progressive development of augmentation during long-term treatment with levodopa in restless legs syndrome: results of a prospective multi-center study. J Neurol, 2010. 257(2): p. 230-7. Link

10) Bányai É, I., Active-Alert Hypnosis: History, Research, and Applications. Am J Clin Hypn, 2018. 61(2): p. 88-107. Link

11) Kasos, E., et al., CHANGES IN OXYTOCIN AND CORTISOL IN ACTIVE-ALERT HYPNOSIS: Hormonal Changes Benefiting Low Hypnotizable Participants. Int J Clin Exp Hypn, 2018. 66(4): p. 404-427. Link

12) Sobrinho, L.G., et al., Cortisol, prolactin, growth hormone and neurovegetative responses to emotions elicited during an hypnoidal state. Psychoneuroendocrinology, 2003. 28(1): p. 1-17. Link

13) Zachariae, R., et al., Monocyte chemotactic activity in sera after hypnotically induced emotional states. Scand J Immunol, 1991. 34(1): p. 71-9. Link

14) Sobrinho, L.G., Prolactin, psychological stress and environment in humans: adaptation and maladaptation. Pituitary, 2003. 6(1): p. 35-9. Link

15) Sachar, E.J., J.C. Cobb, and R.E. Shor, Plasma cortisol changes during hypnotic trance. Relation to depth of hypnosis. Arch Gen Psychiatry, 1966. 14(5): p. 482-90. Link

16) Schilling, C., et al., Restless legs syndrome: evidence for nocturnal hypothalamicpituitary-adrenal system activation. Mov Disord, 2010. 25(8): p. 1047-52. Link

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Michèl Gehrke, M.A.
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