Probiotika bei Colitis ulcerosa: nur hilfreich bei Beachtung der Empfehlungen
Forscher der anthroposophischen Krankenhauses Havelhöhe in Berlin haben untersucht, ob die Einnahme von E. coli bei einer mittelschweren Colitis ulcerosa wirksam ist.
Das Bakterium Escherichia coli Nissle 1917 gilt als Probiotikum, also als Mikroorganismus mit vermuteter gesundheitsfördernder Wirkung. Forscher der anthroposophischen Krankenhauses Havelhöhe in Berlin haben nun in einer relativ kleinen Studie untersucht, ob die Einnahme dieses Bakteriums bei einer mittelschweren Colitis ulcerosa wirksam ist (1).
Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
Ein naturheilkundliches Gesamtkonzept und Selbsthilfemaßnahmen zu ausgewählten Beschwerden
Ein naturheilkundliches Gesamtkonzept und Selbsthilfemaßnahmen zu ausgewählten Beschwerden
Annette Kerckhoff · Jost Langhorst
ISBN: 978-3-945150-97-9
Erscheinungsjahr: 2019, 5. Aufl.
6,90 EUR
Zum Shop »Zu diesem Zweck randomisierten sie 90 Patienten in 4 Gruppen, einer Placebogruppe und drei Verumgruppen, in denen E. coli als Darmspülung in verschiedenen Dosierungen verabreicht wurde, und zwar einmal täglich. Nach 8-wöchiger Behandlung zeigten sich die Therapieerfolge klar dosisabhängig: je mehr Bakterien eingenommen wurden desto mehr Patienten berichteten von einer deutlichen Verringerung der Symptome. Das galt allerdings nur für die Untergruppe der Patienten, die ihre Medikation regelmäßig einnahm und außerdem keine zusäztlichen Medikamente verwendete (Steroide, Mesasalazin, Sulfasalazin etc.).
Bezog man dagegen alle Patienten in die Analyse ein, verwischten die Effekte und konnten nicht mehr statistisch nachgewiesen werden.
Einschätzung
Man kann nun aus diesen Ergebnissen den Schluss ziehen, man müsse nur alle Patienten protokollgerecht behandeln, dann wäre das Probitoikum wirksam. Eine solche Schlussfolgerung steht allerdings auf tönernen Füßen, geht sie doch davon aus, dass die Medikation bei den Patienten, die sich nicht protokollgerecht verhalten haben, genauso wirksam ist wie bei denen, die genau dieses getan haben. Das aber ist eine gewagte Annahme, da man z.B. davon ausgehen muss, dass genau die Patienten auf eine Zusatzmedikation nicht verzichten wollten, bei denen das Medikament nicht wirksam war.
Daher wird allgemein empfohlen, sich in klinischen Studien eher auf die sog. intention-to-treat-Analyse zu verlassen, also die Analyse unter Einbezug aller randomisierten Patienten. Und hier ist das Ergebnis leider nicht positiv (im Sinne der Wirksamkeit).
Literatur
1) Matthes et al., Clinical trial: probiotic treatment of acute distal ulcerative colitis with rectally administered Escherichia coli Nissle 1917 (EcN). BMC Complemen Altern Med, 2010 Abstract
Michèl Gehrke
M.A. Pressesprecher der Karl und Veronica Carstens-Stiftung
Telefon: 0201 56 305 61
E-Mail: m.gehrke@carstens-stiftung.de