Komplementäre und
Integrative Medizin
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Mehr Homöopathie weniger Antibiotikaresistenzen
Integrative Medizin: News

Mehr Homöopathie, weniger Antibiotika­resistenzen?

Von Redaktion Carstens-Stiftung

Homöopathie Antibiotika

Bayerischer Landtag beschließt Studie zur Klärung dieser Frage.

„Die Staatsregierung wird aufgefordert, durch eine Studie zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen, wie ein reduzierter Antibiotikaeinsatz im medizinischen Bereich realisiert werden kann. Dabei soll auch und insbesondere die Rolle alternativmedizinischer Methoden in den Blick genommen werden. Auch soll in diesem Zusammenhang eine mögliche positive Rolle von ggf. ergänzend verabreichten homöopathischen Präparaten beleuchtet werden.“ [1]

120 Abgeordnete stimmten am 07.11.2019 mit „Ja“ für diesen Antrag, der im August 2019 in den Landtag eingebracht worden war, dagegen waren 47. [2] Im Vorfeld hatte bereits der Gesundheitsausschuss sein positives Votum abgegeben. Damit werden nunmehr öffentliche Mittel für die Durchführung einer klinischen Studie bereitgestellt, die klären soll, ob Komplementärmedizin dabei helfen kann, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Eine besondere Rolle kommt hierbei der Homöopathie zu, die im Antrag als einzige Methode namentlich genannt wird.

Der Hintergrund

Die WHO hat Antibiotikaresistenzen zu einer weltweiten ernstzunehmenden Bedrohung erklärt und drängt darauf, Strategien zu einer verbesserten Verschreibungspraxis zu finden. [3] Pro Jahr sterben allein in deutschen Krankenhäusern ca. 1000 – 1500 Menschen an Infektionen mit multiresistenten Keimen [4]. Es besteht somit dringender Handlungsbedarf. Bei manchen Krankheitsbildern, wie etwa einer Blutvergiftung, sind Antibiotika unverzichtbar. Bei anderen könnten sie dem bayerischen Landtag zufolge möglicherweise durch homöopathische Mittel ersetzt werden. Diese Frage lässt sich durch entsprechende Forschung beantworten. Sinnvoll wäre hier beispielsweise eine Studie zu Infektionen der oberen Atemwege (Upper Respiratory Tract Infections = URTIs), insbesondere bei Kindern. Vorschulkinder leiden durchschnittlich sechs- bis achtmal im Jahr an URTIs. Eine Erhebung [5] konnte nachweisen, dass 46% aller Kinder mit URTIs Antibiotika verschrieben bekommen. Wird die Diagnose Bronchitis gestellt, steigt dieser Anteil auf 75%.

Wie ist die Forschungslage zu Antibiotika bei URTIs?

Eine systematische Übersichtsarbeit [6] der Cochrane Collaboration fand keine zufriedenstellende wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von Antibiotika bei URTIs über Placebo hinaus. Auch für Bronchitis dokumentiert ein entsprechender Review [7] einen, wenn überhaupt, sehr begrenzten Nutzen, der möglicherweise die Risiken durch unerwünschte Arzneimitteleffekte nicht aufwiegt. Ähnliches gilt für Sinusitis [8] und Otitis media [9].

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… und welche Daten gibt es zur Homöopathie?

Bereits in einer frühen prospektiven vergleichenden Beobachtungsstudie [10] aus den 1990er Jahren wurde untersucht, inwieweit sich die Therapieerfolge homöopathisch behandelter Patienten von denen konventionell behandelter Patienten in der Alltagsbehandlung unterscheiden. Von 465 Patienten mit Atemwegserkrankungen wurden 281 homöopathisch und 175 konventionell behandelt. Nach 14 Tagen waren 82,6% der homöopathisch behandelten Patienten beschwerdefrei oder sehr deutlich verbessert und 68% in der konventionell behandelten Gruppe. Nebenwirkungen traten bei 22,3% der konventionell behandelten, aber nur bei 7,8% der homöopathisch behandelten Patienten auf.

Dasselbe Autorenteam publizierte dann 2007 die Daten aus einer größeren multinationalen prospektiven Beobachtungsstudie [11] mit 1.577 Patienten mit akuten URTIs: 857 Patienten erhielten eine homöopathische Therapie, 720 Patienten die konventionelle Therapie. Beide Gruppen zeigten nach 7 Tagen die gleichen Verbesserungen, allerdings erfolgte die Gesundung in der homöopathischen Gruppe schneller.

Die EPI3-Kohortenstudie [12] untersuchte in Frankreich insgesamt 8.559 Patienten, die sich bei 825 Ärzten mit und ohne homöopathische Zusatzqualifikation in Behandlung befanden. In Bezug auf Erkrankungen der oberen Atemwege (URTIs) in 518 Fällen fanden die Forscher heraus, dass in homöopathischen gegenüber rein konventionellen Arztpraxen ca. 50% weniger Antibiotika, Entzündungshemmer und fiebersenkende Mittel verschrieben wurden. Der Therapieerfolg in der Homöopathiegruppe war hierbei dem in der Vergleichsgruppe ebenbürtig.

In einer weiteren Studie [13] wurden Kindern im Alter von 6 Monaten bis 11 Jahren mit akuter Mittelohrentzündung nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe erhielt lediglich Schmerzmittel bei Bedarf, die andere Homöopathie als Basistherapie plus Schmerzmittel bei Bedarf. Die Kinder erhielten in beiden Gruppen Antibiotika, wenn nach 36 Stunden keine hinreichende Besserung erzielt worden war. Im Ergebnis wurden 26,9% der Patienten in der Homöopathiegruppe Antibiotika verschrieben. In der Kontrollgruppe hingegen mussten 41,2% der Kinder Antibiotika einnehmen.

Eine von der Schweizer Regierung in Auftrag gegebene Übersichtsarbeit [14] wertete 29 Studien zu Homöopathie bei URTIs aus. Mindestens ein positiver Trend für die homöopathische Behandlung konnte in 22 dieser Studien konstatiert werden. Auch in der höchsten Evidenzklasse berichteten 11 von 14 placebokontrollierten Studien über einen Vorteil der Homöopathie gegenüber der Placebogruppe.

Ähnliche Ergebnisse berichtet auch ein neuerer Review [15] zu Homöopathie bei URTIs aus 2017: Neun randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und acht Beobachtungsstudien wurden analysiert, 7 davon mit pädiatrischen Populationen. Die Ergebnisse für die homöopathische Behandlung waren insgesamt positiv. Die meisten Studien berichten eine verringerte Krankheitsdauer sowie einen verringerten Einsatz von Antibiotika sowie mögliche längerfristige Vorteile.

Auch eine von der australischen Regierung in Auftrag gegebene Übersichtsarbeit spricht in ihrer ursprünglichen Version von 2012, die erst 2019 auf Druck der Öffentlichkeit bekannt gegeben wurde, in Bezug auf URTIs von „ermutigenden Belegen“ für die Wirksamkeit von Homöopathie. [16]

 

 

Fazit

Die Studienlage spricht dafür, dass Antibiotika bei URTIs vermutlich mehr Schaden als Nutzen anrichten. Die Evidenzlage zur Homöopathie hingegen weist deutlich auf positive Effekte hin. Letztgültige Schlussfolgerungen sind aber aufgrund der eingeschränkten methodischen Qualität vieler Studien nicht möglich. Angesichts der weltweit immer dringlicher werdenden Resistenzproblematik hat der bayerische Landtag daher einen wegweisenden Schritt getan: Mit Spitzenforschung aus Steuermitteln wird nun die Evidenzlage zur Homöopathie verbessert. Wenn die nunmehr anzustrengende Studie ähnliche Resultate erbringt, wie die bereits vorliegenden, könnte damit ein wichtiger Beitrag für die Reduktion von Antibiotikaverschreibungen geleistet werden.

Die Carstens-Stiftung konnte durch wissenschaftliche Expertise und Bereitstellung von Studiendaten diese Entscheidung erfolgreich begleiten.

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