Komplementäre und
Integrative Medizin
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Studien kurz und knapp

Hoffnung für Schlaganfallpatienten

Von Daniela Hacke

Schlaganfall

Aber wann ist der ideale Zeitpunkt für eine hyperbare Sauerstofftherapie nach einem Schlaganfall? Dieser Frage gingen Wissenschaftler in einer aktuellen Studie nach.

Nach einem Schlaganfall werden je nach Schweregrad Hirnregionen zwar temporär deaktiviert, aber nicht komplett ausgeschaltet. Das Einatmen von 100prozentigem Sauerstoff in Überdrucktherapiekammern kann die außer Gefecht gesetzten Zellen in den betroffenen Hirnarealen reaktivieren. Studien, die eine Therapie mit hyperbarem Sauerstoff bei Schlaganfallpatienten in der Frühphase nach dem Ereignis einsetzten, lieferten jedoch leider keine überzeugenden Ergebnisse.

Schlaganfall

Schlaganfall

Tipps zur Vorbeugung und zur Behandlung mit Homöopathie und anthroposophischer Medizin

Annette Kerckhoff · Johannes Wilkens

ISBN: 978-3-96562-008-7
Erscheinungsjahr: 2019, 3. Aufl.

6,90 EUR

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Ein israelisches Forscherteam stellte nun die Hypothese auf, dass eine Sauerstofftherapie eher in der Spät- als in der Frühphase nach einem Schlaganfall zur Unterstützung der Zell-Regeneration beitragen kann. 74 Patienten, deren ischämischer bzw. hämorrhagischer Schlaganfall mindestens 6, höchstens aber 36 Monate zurücklag, und die mindestens eine motorische Fehlfunktion aufwiesen, wurden per Zufallsprinzip der Therapie- oder der Kontrollgruppe zugewiesen. Während die Probanden in der Therapiegruppe über einen Zeitraum von zwei Monaten insgesamt 40 tägliche Sitzungen à 90 Minuten abhielten, bei denen sie Sauerstoff bei 2 ata (= absoluter Druck) ausgesetzt waren, setzte die Therapie in der Kontrollgruppe erst nach zweimonatiger Wartelisten-Phase ein. Mittels einer speziellen nuklearmedizinischen Untersuchungstechnik (SPECT = Single Photon Emission Computed Tomography) wurden zu Studienbeginn und nach der Therapiephase Stoffwechselvorgänge in den Hirnen der Patienten gemessen – in der Kontrollgruppe auch direkt nach der Phase ohne Behandlung. Außerdem wurden jeweils die neurologische Funktionalität sowie die Fähigkeit zur Ausübung von Alltagsaktivitäten gemessen.



Sowohl in der Therapie- als auch in der Kontrollgruppe führte die Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff auf der Ebene der neurologischen Messungen wie auch der Lebensqualität zu signifikanten Verbesserungen. Auch die SPECT-Untersuchungen zeigten eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Hirnaktivitäten: Bei mehr als der Hälfte der Patienten in der Therapiegruppe war eine signifikante Besserung zu beobachten, in der Kontrollgruppe waren es etwas weniger, aber immerhin noch 43 Prozent. Für die Alltagspraxis bedeutete dies für die Patienten das Wiedererlangen von Beweglichkeit und somit auch Unabhängigkeit hinsichtlich solcher Aktivitäten wie selbständiges Treppensteigen, Gehen, Essen, Ankleiden und Baden. Auch die Sprach- und Lesefähigkeiten waren bei einigen Patienten nach der Therapie fast komplett wiederhergestellt.

Einschätzung

Im Vergleich zu keinerlei Behandlung konnten die Schlaganfallpatienten deutlich von einer hyperbaren Sauerstofftherapie in der Spätphase nach dem Schlaganfallereignis profitieren. Die Wissenschaftler sehen ihre Hypothese durch das Studienergebnis insofern bestätigt, als der Erfolg der Therapie in der regenerativen Phase – ungefähr ab sechs Monaten nach dem akuten Ereignis – am größten ist.

Möglicherweise könnte man die neurologische Situation von Schlaganfallpatienten durch eine Kombination mit anderen rehabilitativen Maßnahmen noch weiter verbessern – eine Aufgabe zukünftiger Studien. Die vielversprechenden Ergebnisse könnten einen Meilenstein für die Neurobiologie darstellen: So könnte die hyperbare Sauerstofftherapie auch eine Option für Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen oder traumatischen Hirnverletzungen darstellen.

1. Efrati S, Fishlev G, Bechor Y, Volkov O, Bergan J, Kliakhandler K, Kamlager I, Gal N, Friedman M, Ben-Jacob E, Golan H. Hyperbaric oxygen induces late neuroplasticity in post stroke patients – randomized prospective trial. PLOS one 2013; 8(1): e53716 > Abstract