Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Wieviel pflanzliche Begrünung in Innenräumen fördert das Wohlbefinden?
Carstens-Stiftung: Wieviel pflanzliche Begrünung in Innenräumen fördert das Wohlbefinden?
Studien kurz und knapp

Etwas Grünes braucht der Mensch

Wie viel pflanzliche Begrünung in Innenräumen fördert das Wohlbefinden? Dieser Frage gingen koreanische Forscher in einer Laborstudie nach.

In vielen modern gestalteten Büros gehören begrünte Innenwände zum Interieur. Einerseits gelten sie als chic, andererseits sollen sie das Wohlbefinden der Angestellten und Gäste erhöhen. Doch wieviel Grün wird als wohltuend empfunden, und lässt sich dies anhand physiologischer Parameter messen? Unter dieser Fragestellung führten Wissenschaftler an der Konkuk University in Seoul ein Experiment mit 103 jungen Erwachsenen beiderlei Geschlechts durch [1].

In einem Laborraum wurde mit blickdichten, hellen Vorhängen ein 1,5 m x 1,5 m großer Bereich abgeteilt und an einer Seite mit einem Sitzplatz ausgestattet. An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Vorrichtung, an der mit Efeutute (Epipremnum aureum) bepflanzte Blumentöpfe in unterschiedlicher Dichte (5%, 20%, 50% und 80% der Gesamtfläche) mosaikartig befestigt werden konnten. Das Experiment wurde mit jedem der Probanden nach folgendem Schema vorgenommen: Die Person nahm Platz und ruhte dort mit geschlossenen Augen, um sich zu akklimatisieren. Anschließend wurde ihr in zufällig gewählter Reihenfolge die unterschiedlich dichte Wandbegrünung für jeweils 3 Minuten präsentiert. Während der 2-minütigen Umbauphase ruhte die Person wieder mit geschlossenen Augen auf dem Stuhl. Während des Experiments wurden physiologische Parameter mittels Elektrokardiographie (Herzfrequenz) und Elektroenzephalographie (Hirnaktivität) sowie die Intensität der Augenbewegungen (Elektrookulogramm) aufgezeichnet. Unmittelbar nach der Testphase beantworteten die Probanden einen Fragebogen, in dem die subjektiv empfundenen Reaktionen auf die unterschiedliche Pflanzendichte ermittelt wurden. Darüber hinaus wurden den Teilnehmern Fotos mit den vier verschiedenen Pflanzendichten (5% bis 80%) vorgelegt, anhand derer sie die prozentuale Begrünungsdichte einschätzen sollten.
45,8 % der Studienteilnehmer empfanden eine Wandbegrünung mit 50 %-iger Deckung am angenehmsten, 31,3 % präferierten eine 80 %-ige Bewuchsdichte, 20,8 % eine 20 %-ige Dichte und nur 2,1 % bevorzugten die geringste Wandbegrünung. Hinsichtlich der physiologischen Messparameter zeigte sich keinerlei statistischer Unterschied in der Reaktion auf die unterschiedlich dichte Begrünung. Allerdings lagen die Messwerte der Männer insgesamt höher als die der Frauen. Hier berufen sich die Autoren auf frühere Studienergebnisse, bei denen entsprechende Unterschiede im Tonus des vegetativen Nervensystems von Frauen und Männern gemessen wurden. Alle Probanden schätzten bei Vorlage der Fotos die Bewuchsdichte rund 15 %  höher ein als sie tatsächlich abgebildet war.


Die Autoren der Studie schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass schon ein geringer Anteil an pflanzlicher Begrünung in (Büro-)Räumen, das Wohlbefinden der sich dort aufhaltenden Personen günstig beeinflusst, und dadurch möglicherweise die emotionale Stabilität und Konzentrationsfähigkeit erhöht werden kann.

Einschätzung

Ziel der Studie war es, die optimale visuelle Dichte für eine Begrünung mit Pflanzen in geschlossenen Räumen zu finden. Trotz physiologisch nicht messbarer Unterschiede lag die subjektive Präferenz der meisten Studienteilnehmer bei 50 % Bewuchsdichte. Dieser Wert kann für Räumlichkeiten, in denen sich viele verschiedene Personen aufhalten, als Anhaltspunkt gewählt werden.
Eine Innenraumbepflanzung beeinflusst jedoch weitere Faktoren, die in dieser Arbeit nicht berücksichtigt wurden. So verändern lebende Pflanzen auch das Raumklima und die Schallabsorption. Letzteres ist insbesondere in Großraumbüros von Bedeutung. Begrünte Wände können, wenn sie richtig angelegt und gepflegt werden, den (Arbeits-)Alltag in geschlossenen Räumen sicherlich begünstigen, ersetzen aber nicht die nachweislich stressabbauende Bewegung in der Natur (z.B. Wandern).

Literatur

1) Choi JY, Park SA, Jung SJ, Lee JY, Son KC, An YJ, Lee SW. Physiological and psychological responses of humans to the index of greenness of an interior space. Complement Ther Med 2016; 28: 37-43. Abstract