Komplementäre und
Integrative Medizin
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Die Medizin ist keine zu einhundert Prozent exakte Wissenschaft
40 Jahre Karl und Veronica Carstens-Stiftung

Die Medizin ist keine zu einhundert Prozent exakte Wissenschaft

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Integrative Medizin

Der Vorstandsvorsitzende der Karl und Veronica Carstens-Stiftung, Professor Andreas Michalsen, erzählt von Begegnungen mit Frau Dr. Carstens, von den Anfängen und Entwicklungen der Naturheilkunde und Komplementärmedizin und schließlich darüber, warum die Integrative Medizin die Medizin der Zukunft ist.

Welches war Ihr eindrücklichstes Erlebnis im Rahmen Ihrer Förderprojekte?

Sehr eindrücklich in Erinnerung sind mir die Projektleitersymposien der Carstens-Stiftung auf der Burg Reisensburg und die Möglichkeit, Frau Dr. Carstens dort sehr nahe sein zu dürfen. Das Symposium dauerte eineinhalb Tage. Ein anspruchsvoller Vortrag reihte sich an den nächsten. Das war höchst interessant, aber, zugegeben, bisweilen auch anstrengend. Frau Dr. Carstens saß in ihrem Sessel und verfolgte jeden einzelnen Vortrag mit größtem Interesse. Den Rücken hielt sie immer gerade, kein Gähnen drang aus ihrem Munde, in ein kleines Büchlein schrieb sie beständig ihre Notizen. Frau Dr. Carstens war damals bereits Ende Siebzig. Den Höhepunkt erlebten die Teilnehmer zum Abschluss der Veranstaltung, als sie jeden einzelnen Vortrag analytisch zusammenfasste.

Frau Dr. Veronica Carstens während des Projektleitersymposiums auf der Burg Reisensburg im Jahre 2003
Frau Dr. Veronica Carstens während des Projektleitersymposiums auf der Burg Reisensburg im Jahre 2003

Frau Dr. Carstens war sehr diszipliniert und dabei liebevoll und engagiert. Sie hatte ein sehr kümmerndes Wesen. Etwa in diesen Jahren trafen wir uns auf einem weiteren Kongress in der Essener Philharmonie. Sie gab mir die Hand und sagte: »Herr Michalsen, sie wirken sehr blass, etwas überarbeitet. Gönnen Sie sich bitte etwas mehr Freizeit …«

Die Integrative Medizin ist im Aufwind und wird von der Bevölkerung stark nachgefragt. Ist das ein Erfolg, zu dem Sie mit Unterstützung der Carstens-Stiftung beigetragen haben?

Ich hätte ohne die Carstens-Stiftung nicht diesen Weg gehen können, das steht außer Frage. Ob ich zu dem Aufschwung persönlich viel beigetragen habe, ist schwer zu sagen. Da spielen einige Akteure eine große Rolle, Professor Gustav Dobos auf jeden Fall, oder denken wir an Professor Jost Langhorst in Bamberg, Professor Benno Brinkhaus in Berlin, Professor Tobias Esch in Witten, an Professor Roman Huber in Tübingen, an Professorin Claudia Witt in Zürich und und und. Auch weitere Stiftungen wie beispielsweise die Krupp-Stiftung waren enorm wichtig, und vor allem: Die vielen niedergelassenen Ärzte, die Integrative Medizin in der unmittelbaren Patientenversorgung, direkt „an der Front“, jeden Tag mit großem Erfolg anwenden.

Wechselwirkungen spielen auch mit hinein, ebenso der Zufall und das Glück, zum rechten Zeitpunkt am rechten Ort zu sein. Und auch der Zeitgeist: Allmählich ins Rollen kam unsere Sache gemeinsam mit der »Öko-Bewegung«, das sollten wir nicht vergessen. Vielleicht darf ich sagen, dass ich auch mit Hilfe der Bücher dazu beitragen konnte, die Naturheilkunde und Komplementärmedizin etwas aus der Grauzone zu holen. In der Summe können wir sagen, dass es mittlerweile mehr Institutionen gibt, die sich der Integrativen Medizin verschrieben haben. Wir sind jetzt anerkannter. Die Charité will ein neues, integrativ-medizinisches Zentrum aufbauen …

Auch die Carstens-Stiftung ist hier »nur« ein Teil des Ganzen. Aber in Deutschland hat sie gewiss die tragende Rolle.

Professor Andreas Michalsen 2003 auf der Burg Reisensburg
Professor Andreas Michalsen 2003 auf der Burg Reisensburg

Lassen Sie uns auf die nächsten 40 Jahre schauen: Welche Entwicklung sehen Sie im Bereich der Integrativen Medizin und was muss dafür getan werden? Was bedeutet für Sie eine Medizin der Zukunft? Wie können wir helfen und dazu beitragen?

Oh, allein auf die nächsten fünf Jahre zu blicken, fällt schwer …

Überzeugt bin ich davon, dass die konventionelle Medizin im Bereich der chronischen Erkrankungen an ihre Grenzen stößt. Gewiss, sie verzeichnet auch hier Erfolge, aber vor allem in puncto Prävention und in Fragen der Gesundheitsökonomie werden integrativ-medizinische Verfahren ein größeres Gewicht bekommen. Meine Sorge ist, und sie hängt auch mit dem Zeitgeist zusammen, dass eingedenk des lauter werden Rufs nach wissenschaftlicher Exaktheit es die primär erfahrungsgestützten Verfahren immer schwieriger haben werden. Aber wo endet das? Die Medizin ist keine zu einhundert Prozent exakte Wissenschaft. Der Mensch, mag es auch abgedroschen klingen, ist mehr als die Summe seiner Teile. Der Mensch ist ein wunderbar komplexes System. Dieser Betrachtungsweise, Stichwort Ganzheit des Menschen, wird die Integrative Medizin wie kein anderer Bereich der Medizin gerecht.

Und die Carstens-Stiftung? Sie ist der Katalysator, sie ermöglicht unabhängige Forschung und damit zukunftsweisende Medizin.

Damit mehr Menschen ganz selbstverständlich in den Genuss seriöser integrativ-medizinischer Behandlungen kommen können, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Helfen Sie bitte mit!

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Neben freien Autoren besteht unsere Redaktion vor allem aus den festen Redakteuren Michèl Gehrke M.A. (Pressesprecher), Ines Bergfort sowie Ingo Munz (Digital PR, SEO).