Komplementäre und
Integrative Medizin
Zum Hauptinhalt springen Zum Seiten-Footer springen
Carstens-Stiftung: Wahlfach Interprofessionelle Lehre in Heidelberg
Unsere Projekte

Wahlfach Interprofessionelle Lehre in Heidelberg

Von Michèl Gehrke, M.A.

Komplementärmedizin

Im Rahmen Ihrer Nachwuchsförderung ermöglichte die Carstens-Stiftung an den Universitäten Lübeck und Heidelberg jeweils die Etablierung eines Lehrmoduls zur Interprofessionellen Lehre in der Komplementären und Integrativen Medizin (InterKIM). Beide Standorte wurden über einen Zeitraum von drei Jahren mit je 30.000 EUR unterstützt, um Studierende der Humanmedizin und der Gesundheitsversorgung frühzeitig für Verfahren der Naturheilkunde, deren Einsatzmöglichkeiten und die Evidenzlage zu informieren.

Für die Umsetzung in Heidelberg zeichneten Dr. Katharina Glassen, Dr. Nadja Klafke und Dipl.-Med.-Päd. Angelika Homberg verantwortlich. Die beiden letztgenannten Projektbeteiligten erläutern im Interview, welche Relevanz InterKIM für die Praxis hat, welche Herausforderungen bei der Einrichtung des Lehrmoduls gemeistert werden mussten und wie das Angebot bei Studierenden und Dozenten ankommt.

Was sind die Ziele von InterKIM?

Verfahren der komplementären und integrativen Medizin werden von Patienten zunehmend gewünscht und oftmals in Eigenregie angewendet. Patienten reden häufig nicht über das, was sie zusätzlich zur konventionellen Medizin machen und Ärzte und andere Gesundheitsberufe fragen oft nicht aktiv danach, weil sie zu wenig darüber wissen und sich daher unsicher in der Beratung fühlen. Um die Patientensicherheit zu gewährleisten ist es aber enorm wichtig, dass Patienten über Risiken und Nebenwirkungen informiert werden und alle Anwendungen aufeinander abgestimmt sind.

Curriculum Naturheilverfahren und Komplementärmedizin

Curriculum Naturheilverfahren und Komplementärmedizin

Die wichtigsten Aspekte guter Lehre im Bereich der Naturheilverfahren und Komplementärmedizin

Martin Frei-Erb · Hille Lieverscheidt · Beate Stock-Schröer

ISBN: 978-3-86864-036-6
Erscheinungsjahr: 2014

20,18 EUR

Zum Shop »
Daher möchten wir Studierende in der Humanmedizin und den Gesundheitsberufen frühzeitig auf eine professionelle patientenzentrierte Versorgung vorbereiten und eine Grundlage für gegenseitiges Verständnis bieten sowie Überblickwissen über komplementäre Therapieverfahren bereitstellen. Zudem sollen Studierende die Möglichkeit haben, ihre eigenen Haltungen und Einstellungen zu reflektieren und im interprofessionellen Setting zu diskutieren. Dadurch sollen auch Barrieren zwischen den einzelnen Berufsgruppen abgebaut werden.

Wir haben den interprofessionellen Ansatz bewusst gewählt, da wir aus Studien wissen, dass interprofessionelle Versorgung mit verbesserten Patientenoutcomes einhergeht. Daher wollen wir die Studierenden in diesem Wahlfach für Kooperationsmöglichkeiten und Teamarbeit im Bereich der komplementärmedizinischen Patientenversorgung sensibilisieren. Diese Ziele setzen wir in Form von 12 themenspezifischen Seminaren um. Um die interprofessionellen Perspektiven praxisnah in den jeweiligen Seminaren zu vermitteln, werden Lehrende aus unterschiedlichen Berufsgruppen im Tandem eingesetzt. Zusätzlich absolvieren die Studierenden im berufsgruppenübergreifenden Tandem eine Prüfungsleistung.

Welche Relevanz hat InterKIM für die Komplementärmedizin bzw. die Praxis?

Innerhalb der Seminare haben Studierende mehrfach die Gelegenheit Therapieverfahren, wie beispielsweise Kneipp-Anwendungen, anthroposophische Einreibungen und Wickel, Yoga, Qi-Gong und Akupunktur selbst auszuprobieren. Sie können dadurch eine Vorstellung bekommen, wie handhabbar das Verfahren ist, die Wirkung am eigenen Körper erfahren und herausfinden, ob Sie in ihren beruflichen Werdegang KIM-Verfahren integrieren möchten. Sie können die Verfahren erst am Patienten anwenden, wenn sie die entsprechende Zusatzbezeichnung oder ein Zertifikat erwerben. Auch die rechtlichen Aspekte der Anwendung von KIM in der Patientenversorgung sowie die Einbindung in Strukturen des Gesundheitssystems wurden im Modul gelehrt und diskutiert.

Die Studierenden sollten nach dem Seminar in der Lage sein, den Patienten nach seinen Wünschen auch in Bezug auf Komplementärmedizin zu befragen oder ihn im Hinblick auf therapieunterstützende oder symptomlindernde Maßnahmen zu beraten.

Was waren bisher die Herausforderungen bei der Umsetzung von InterKIM?

Die größte Herausforderung war die Verankerung in den Curricula der beiden sehr unterschiedlich konzipierten Studiengänge. Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass sowohl die Studierenden der Humanmedizin als auch die Bachelorstudierenden der Gesundheitsberufe die Teilnahme am Seminar und die Prüfungsleistung auf ihr Studium angerechnet bekommen. Herausfordernd war auch, für die limitierte Seminarzeit einen umfassenden Überblick über die vielen unterschiedlichen KIM-Verfahren zu geben und diese sowohl theoretisch als auch praxisnah zu lehren.

Eine weitere Herausforderung bestand darin, Dozenten zu finden, die die einzelnen Themen sowohl evidenzbasiert als auch aus der Versorgungsperspektive unterrichten und dabei in der Lage sind, die Studierenden mit unterschiedlichen Erfahrungen interaktiv einzubinden. Wir haben aktuell viele externe Dozenten eingebunden, was nur durch die Förderung der Carstens-Stiftung finanzierbar ist.

Wie kommt das Angebot bei Studierenden und Dozenten an?

Wir haben eine umfassende Evaluation unter den Studierenden und Lehrenden durchgeführt. Die ersten Evaluationsergebnisse zeigen eine sehr hohe Akzeptanz und Begeisterung sowohl auf Seiten der Studierenden als auch bei den Dozenten. Die Studierenden schätzen insbesondere die Expertise der Dozenten als auch die Möglichkeit in sehr viele unterschiedliche Therapiekonzepte Einblick zu erlangen und in den Austausch zu kommen. Die Dozenten schätzen die kleine und interessierte Studierendengruppe und die Möglichkeit, ihre komplementärmedizinischen Kenntnisse in einem universitären Setting aus der wissenschaftlichen Perspektive einzubringen und zu diskutieren.

Wie geht es mit InterKIM weiter?

Wir hoffen, das Wahlfach langfristig in beiden Curricula mit einer stabilen Anzahl an Teilnehmern aus beiden Studiengängen zu verankern. Wir haben noch viele weitere Ideen, beispielsweise wie InterKIM auch an andere Fakultäten adaptiert und implementiert werden könnte. Daher haben wir einen Folgeantrag gestellt und sind gespannt, welche Möglichkeiten sich ergeben.

Dr. Nadja Klafke

ist Psychologin.

Angelika Homberg

ist Diplommedizinpädagogin.

Dr. Katharina Glassen

ist Fachärztin für Allgemeinmedizin.

Sie sind als Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung in der Medizinischen Faukultät Heidelberg tätig.
Weitere Informationen