Komplementäre und
Integrative Medizin
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Mit einer asiatischen Heilpflanze gegen den Katzenjammer
Studien kurz und knapp

Mit einer asiatischen Heilpflanze gegen den Katzenjammer

Von Daniela Hacke M.A.

Alkohol Phytotherapie

Ein Extrakt aus der Frucht des Japanischen Rosinenbaums reduzierte in einer Studie die Folgen übermäßigen Alkoholkonsums. 

Das böse Erwachen erfolgt erst am nächsten Tag: Nach einem oder mehreren Gläschen alkoholischer Getränke zu viel sind allzu häufig Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Übelkeit und Erbrechen als unerwünschte Folgen eines feucht-fröhlichen Abends vorprogrammiert. In Asien wird schon seit langem der Japanische Rosinenbaum (Hovenia dulcis), eine im ost-asiatischen Raum angesiedelte Heilpflanze, im Rahmen der traditionellen Volksmedizin gegen die Folgen von Alkoholintoxikationen eingesetzt. Koreanische Wissenschaftler untersuchten im Rahmen einer kleinen Studie nun den Effekt eines standardisierten Extrakts aus der Frucht des Japanischen Rosinenbaums auf die alkoholinduzierten Unverträglichkeitssymptome bei Männern mit genetisch bedingtem Defizit des Enzyms Aldehyddehydrogenase 2 (ALDH2), welcher für die Hemmung des Alkohol-Abbaus verantwortlich ist. [1] Mithilfe der Studie versuchten die Wissenschaftler den volksmedizinischen Einsatz der Heilpflanze zur Linderung der mit einem übermäßigen Alkoholgenuss einhergehenden Symptome zu verifizieren sowie die Frage nach dem Wirkprinzip des verwendeten Extrakts zu klären.

Insgesamt 26 Männer im durchschnittlichen Alter von 24 Jahren mit einem durch Genotypisierung verifizierten ALDH2-Mangel wurden per Zufallsprinzip zwei Gruppen zugeteilt. Die Probanden der Verum-Gruppe konsumierten 360 Milliliter eines asiatischen alkoholischen Getränks (koreanischer Soju, Alkoholgehalt pro Getränk: 50 Gramm), eine halbe Stunde nach der Einnahme von sechs Kapseln des pflanzlichen Extrakts (2460 Milligramm entsprechend), während in der Kontrollgruppe sechs Placebo-Kapseln verabreicht wurden. Zwei Stunden vor der Einnahme der Kapseln nahmen alle Probanden eine für alle Studienteilnehmer identische Mahlzeit zu sich. Nach einer Wash-out-Phase von einer Woche erhielten die Probanden der beiden Gruppen die jeweils andere Therapie: Jenen, die zuvor den Hovenia-Extrakt erhalten hatten, wurde das Placebopräparat verabreicht, und diejenigen Patienten, die vorher das Placebomittel eingenommen hatten, erhielten den Hovenia-Extrakt. Mittels eines standardisierten Fragebogens, einer koreanischen Version des "Hangover Questionnaire", gaben die Patienten mithilfe einer 5-Punkte-Skala über 14 Symptome in Folge übermäßigen Alkoholkonsums Auskunft. Außerdem wurden zu Studienbeginn sowie eine, vier und zwölf Stunden nach der Intervention Blutproben zwecks Messung des Acetaldehyd- und Alkoholgehalts sowie diverser Entzündungsparameter (Interleukin-6 und -10, Glykoprotein CD14, Endotoxine, Lipopolysaccharid-bindendes Protein (LBP)) entnommen.

Sowohl in der Verum- als auch in der Placebogruppe waren bereits eine Stunde nach dem Alkoholkonsum auf der symptomatischen Ebene und auch hinsichtlich der Blutalkohol- und Acetaldehydmessungen die höchsten Werte zu beobachten. Im Vergleich mit der Placebogruppe zeigte sich bei den Probanden in der Verumgruppe jedoch eine signifikant schwächere Ausprägung spezifischer Symptome wie Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit und Schwäche, die aber nicht als positive Folge der Einnahme des pflanzlichen Extrakts auf den Acetaldehyd-Spiegel zu interpretieren ist, da sich in beiden Gruppen zu jeder Zeit die Acetaldehyd-Werte nicht unterschieden. Auch noch zwölf Stunden nach der Intervention war auf der Ebene der Symptomatik eine Überlegenheit des Verums im Vergleich zum Placebo zu beobachten. Verglichen mit der Placebo-Gruppe konnte jedoch in der Verum-Gruppe ein deutlich höherer Anstieg von Interleukin-10 sowie ein signifikanter Rückgang von Interleukin-6 festgestellt werden. Da sowohl Interleukin-6 als auch Interleukin-10 für die homöostatische Regulation der Entzündungsreaktion eine wesentliche Rolle spielen, sehen die Wissenschaftler in dieser Entwicklung den Wirkmechanismus des Hovenia-Extrakts in der Reduzierung der Symptome einer Alkoholintoxikaton begründet. Hinsichtlich der übrigen Entzündungsparameter war jedoch zwischen beiden Gruppen kein Unterschied feststellbar.

Einschätzung

Wie von den Wissenschaftlern aufgrund bereits gewonnener Erkenntnisse aus vergangenen Laboruntersuchungen erwartet, zeigten sich die positiven Effekte des Extrakts aus dem Japanischen Rosinenbaum auf den Verlauf der alkoholinduzierten Symptomatik nicht auf der Ebene der Blutalkohol- und Acetaldehyd-Werte, sondern lagen in der Regulierung der unter erhöhtem Alkoholkonsum aus dem Gleichgewicht geratenen inflammatorischen Reaktion begründet. Da die koreanischen Probanden dieser Studie jedoch eine genetisch bedingte Alkoholunverträglichkeit, einem bei asiatischen Volksgruppen verbreiteten Phänomen, aufwiesen, sind die Resultate nicht unmittelbar auf Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen übertragbar. Zudem wurden lediglich männliche Probanden in die Studie inkludiert. Zukünftige Studien sollten dementsprechend neben einer höheren Probandenzahl auch Frauen einbeziehen. Außerdem wäre zu überprüfen, ob sich – wie zu erwarten wäre – die Effekte des Hovenia-Extrakts bei ProbandInnen ohne ALDH2-Defizit ähnlich wie in der vorliegenden Studie entfalten.

Literatur

1) Kim H, Kim YJ, Jeong, HY, Kim JY, Choi E-K, Chae SW, Kwon O. A standardized extract of the fruit of Hovenia dulcis alleviated alcohol-induced hangover in healthy subjects with heterozygous ALDH2: a randomized, controlled, crossover trial. J Ethnopharmacol 2017; 209: 167-174 Abstract