Komplementäre und
Integrative Medizin
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Das klassische Setting: Die berühmte Fee und der berühmte Wunsch; in unserem Fall bezieht sich der Wunsch auf das Gesundheitssystem. Was wünschen Sie sich?

Dr. Jaennichen:
Mein größter Wunsch, meine Hoffnung für unser Gesundheitssystem ist, dass das, wofür ich täglich selbst arbeite, eines Tages die Normalität wird: Ein vorurteilsfreies Zusammenwirken von Schulmedizin und Komplementärmedizin. Eine gute interdisziplinäre Absprache im offenen Austausch auch mit dem Patienten, mit dem Ziel, gemeinsam abzuwägen und zu entscheiden: Was ist das Beste aus den verschiedenen therapeutischen Welten für diesen Patienten?

Die evidenzbasierte Medizin orientiert sich dabei an drei Aspekten: Der Studienlage, den Wünschen des Patienten und der Erfahrung des Therapeuten.

Aktuelle Umfragen zeigen, dass mehr als zwei Drittel aller Deutschen ein Miteinander von Schulmedizin und Homöopathie wünschen. Der Patientenwunsch und dessen Eigenverantwortung bei der Wahl der Therapieverfahren darf nicht erschwert werden, indem z. B. von Landesärztekammern die Homöopathie aus der ärztlichen Weiterbildung gestrichen wird. Gerade für junge Ärzte sind solche Ausbildungsmöglichkeiten wichtig, um in ihrer Berufslaufbahn von Anfang an mit dem nötigen, umfassenden Wissen auf die Patienten eingehen zu können. Momentan droht leider die gegenteilige Entwicklung: Statt eines Miteinanders von Schulmedizin und Homöopathie, entsteht ein Nebeneinander. Die Mehrheit der Patienten wünscht sich, dass wir das harmonisieren.

 

Während weite Teile der Bevölkerung Homöopathie sehr gerne in Anspruch nehmen, steht die Wissenschaft der Homöopathie tendenziell skeptisch gegenüber. 
Halten Sie Homöopathie-Forschung für sinnvoll?

Dr. Jaennichen:
Natürlich! Homöopathie war und ist ein Forschungsgegenstand. Man sollte jedoch mit den wissenschaftlichen Studien ohne Vorurteile umgehen und den Blick auf die Interessen der Patienten nicht verlieren. Wir benötigen unbedingt mehr gute Forschung. Dazu leistet Natur und Medizin seit vielen Jahren einen wichtigen Beitrag, indem Sie Studien und Forschungsprojekte finanziell unterstützen. Doch es braucht noch mehr solchen Mut. Denn leider werden auch einige sehr erkenntnisreiche Studien, die wir haben, in der Öffentlichkeit diffamiert. Wenn auf dem Krebskongress 2020 in Berlin vom Rednerpult zu hören ist, naturheilkundlich tätige Ärzte wären "radikal", trägt das nicht zu einer vorurteilsfreien Begegnung bei. Wir sollten lernen, sowohl als Ärzte als auch als Patienten, gute wissenschaftliche Praxis klar von Lobbyarbeit zu trennen. Die Skepsis gegenüber der Homöopathie beruht u.a. auf dem Erklärungsmodell für die von den Anwendern beobachteten Wirkungen. Es wäre ganz allgemein sinnvoll, die bisherigen Erklärungsmodelle für bei Anwendern von medizinischen Methoden beobachteten Wirkungen weiter zu entwickeln. Homöopathie könnte eine der Methoden sein, die man in diesem Kontext untersuchen kann.

Foto Professor Andreas Michalsen | © Anja Lehmann
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Schon seit mehreren Tagen fühlen Sie sich schlapp. Sie spüren, ein bisschen fehlt die Energie. Was tun Sie?

Dr. Jaennichen:
Meist gehe ich dann lange durch den Wald, genieße die Luft und die Stille, und gehe anschließend früh schlafen. Je nach Wetter gehe ich in meinen Garten, dort ist immer etwas zu tun, oder ich mache einen Waldspaziergang.

Die deutsche Forschungslandschaft Medizin: Was ist verbesserungswürdig?

Dr. Jaennichen:
Medizinische Erkenntnisse brauchen wissenschaftliche Forschung und empirische Erfahrung. Beides zusammen kostet Geld, ist aber eine gute und wichtige Investition. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung wäre es, mehr öffentliche Gelder für die freie Forschung im Bereich der Naturheilkunde, der Homöopathie und anderer komplementärer Therapieverfahren zur Verfügung zu stellen. Zunächst möchte ich festhalten, dass sich hier in den letzten zehn Jahren viel verbessert hat, gerade z. B. im Bereich der Transparenz und bei der Besetzung von Gremien. Auch die inzwischen entwickelten digitalen Austauschtools sind sehr zu begrüßen. Aus meinem speziellen Blickwinkel wünsche ich mir, dass die von der Naturheilkunde (traditionellen Medizin) und Komplementärmedizin vertretenen Verfahren viel stärker als bisher in der deutschen Forschungslandschaft präsent sind. Hier haben wir im Vergleich zu vielen anderen Ländern weltweit einen starken Aufholbedarf. Ein besonderes Problem sehe ich auch in der substanzgebundenen klinischen Forschung. Hier wünsche ich mir mehr öffentliche Förderung, z. B. bei Arzneimitteln im Kindesalter oder bei vulnerablen Gruppen.

Welche drei Attribute beschreiben das optimale Arzt-Patienten-Verhältnis? 

Dr. Jaennichen:
Wertschätzend, ehrlich, berührend

Omas bestes Hausmittel war …?

Dr. Jaennichen:
… selbstgemachte Calendula-Salbe.

Evidenzbasierte Medizin mit ihrer Forderung nach randomisierten, kontrollierten, doppelblinden Studien und viele Verfahren der Komplementärmedizin stehen ja sozusagen auf dem Kriegsfuß. Haben Sie einen Lösungsvorschlag?

Dr. Jaennichen:
Ich sehe da keinen Widerspruch in der Forschung, sondern in der Interpretation der Daten. Heiner Frei, z. B., zeigte exzellent, wie man homöopathische Behandlung, hier am Beispiel von Kindern mit ADHS, in einer oben erwähnten Studie abbilden kann und konnte zugleich die positiven Ergebnisse der Homöopathie aufzeigen. Was wir dringend neu diskutieren und entscheiden müssen, ist die Frage: Was messen wir eigentlich? Der Mensch ist keine Maschine. Die sogenannten "harten Fakten" spiegeln nur einen Teil dessen, was wir als Ärzte berücksichtigen sollten. Die Erfahrung vieler Jahrhunderte gibt einem guten Mediziner im 21. Jahrhundert die Möglichkeit, auch die sogenannten weichen Daten gut mit zu berücksichtigen. Evidenz wird bekanntlich nicht nur durch den genannten Studientyp generiert, er ist nur zur Prüfung von Arzneimitteln besonders gut geeignet. Da neben den Verfahren der Komplementärmedizin auch viele andere medizinische Methoden im Bereich der nichtmedikamentösen Verfahren an ihrem Evidenzbeleg arbeiten müssen, gibt es inzwischen viele Wissenschaftler, die sich dieser Problematik widmen und damit auch eine allmähliche Änderung der bisherigen, etwas limitierten Sichtweise.

Starke Stimmen für die Integrative Medizin
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Für ein gesundes Miteinander!
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Welche Maßnahme reißt Sie aus dem Stimmungstief?

Dr. Jannichen:
Natur und Meditation. Ein inneres Zur-Ruhe-kommen. Ein gutes Gespräch mit Menschen, die mir wichtig sind. Mich von außen beobachten und das "Geschenk" im Problem finden.

Kennen Sie eine humorige Anekdote aus dem Ärztestand oder der Medizinwelt?

Dr. Jannichen:
"Die weitverbreitetste Augenkrankheit, die uns leider keinen Cent einbringt", meint der Augenarzt zum Optiker, "ist die Liebe auf den ersten Blick."

Sind Sie Mitglied von Natur und Medizin und wenn ja, warum?

Dr. Jannichen:
Momentan noch nicht, aber ich spreche gern und oft von Ihrer guten und so wichtigen Arbeit für ein Miteinander von Schulmedizin und Naturheilkunde.

Liebe Frau Dr. Jannichen, vielen Dank für das Interview.

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Dr. med. Doreen Jaenichen

Fachärztin für Allgemeine Medizin
Naturheilverfahren

MVZ Zentralklinik GmbH
Integrative Onkologie, Allgemeinmedizin und Naturheilkunde
Robert-Koch-Allee 9
99437 Bad Berka

Tel.: 036458 4848-10
E-Mail: doreen.jaenichen@mvz-zentralklinik.LÖSCHEN.de