Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: "Nachwuchstraining" – Sport steigert die Fruchtbarkeit des Mannes
Studien kurz und knapp

„Nachwuchstraining“ – Sport steigert die Fruchtbarkeit des Mannes

Von Petra Koczy

Kinderwunsch Männergesundheit

Eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining erhöhte in einer klinischen Studie die Samenqualität bisher sportlich inaktiver Männer. Das Ergebnis: rund 70 % Geburten im Vergleich zu 1,1 % in der passiven Kontrollgruppe.

Durchschnittlich bei der Hälfte der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch liegt die Ursache in einer Fruchtbarkeitsstörung des Mannes. Eine verminderte Samenqualität wird mit erhöhten Samenplasmawerten für Entzündungsmarker (Proinflammatorische Cytokine) und reaktive Sauerstoffverbindungen (ROS), die zu oxidativem Stress führen, in Verbindung gebracht. Sie stören die Spermienbildung sowie deren Funktionalität und können die Spermien-DNA schädigen. Regelmäßige körperliche Aktivität wirkt antientzündlich und antioxidativ und kann somit auch die Samenqualität positiv beeinflussen.

Zwei sportmedizinische Wissenschaftler von der Justus-Liebig-Universität in Gießen und der Allameh Tabataba’i University in Teheran untersuchten in einer randomisierten klinischen Studie, inwieweit ein über einen längeren Zeitraum regelmäßig ausgeführtes Kombinationstraining aus Ausdauer- und Kraftübungen die Reproduktivität von unfruchtbaren Männern verbessern kann [1]. Insgesamt 556 bisher sportlich inaktive Männer im Alter von 25 bis 40 Jahren, deren Infertilität nicht auf hormonelle, infektiöse oder physische Ursachen zurückzuführen war, die weder anderweitige (chronische) Erkrankungen hatten noch rauchten, und deren Partnerinnen gynäkologisch gesund (fruchtbar) waren, wurden in die Studie eingeschlossen. Samenproben aller Studienteilnehmer wurden auf ihre Eigenschaften hinsichtlich Samen- und Spermienmenge sowie Spermienmotilität und -morphologie untersucht. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden die Teilnehmer in fünf Subgruppen unterteilt, 1. Asthenozoospermie, 2. Asthenoteratozoospermie, 3. Oligoasthenozoospermie, 4. Oligospermie, 5. Oligoasthenoteratozoospermie, und anschließend randomisiert der aktiven Trainingsgruppe bzw. der inaktiven Kontrollgruppe zugeteilt.

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Die Trainingsphase erstreckte sich über 24 Wochen, in denen die Teilnehmer an drei nicht aufeinanderfolgenden Tagen jeweils am frühen Abend ein angeleitetes Sportprogramm, bestehend aus einer 10-minütigen Aufwärmphase, 30-35 Minuten Ausdauertraining, 30-35 Minuten Krafttraining und einer 10-minütigen Cool-down-Phase, absolvierten. Das Ausdauertraining wurde an die Sauerstoffkapazität (VO2max) der Teilnehmer angepasst und in Etappen gesteigert. Das Krafttraining wurde im Laufe der sechs Monate über die Steigerung der Wiederholungen intensiviert. Darüber hinaus sollten der bisherige Lebensstil sowie die Ernährungsgewohnheiten beibehalten werden. Auch die Kontrollgruppe bekam die Anweisung, die bisherige Lebensweise nicht zu verändern. Zu Studienbeginn, nach 12 und 24 Wochen Trainings-/Studienphase, sowie jeweils nach weiteren sieben und 30 Tagen wurden bei allen Studienteilnehmern Samenproben auf Entzündungsparameter (Interleukine IL-1β, IL-6, IL-8 und TNF-α), oxidativen Stress bzw. antioxidative Enzymaktivität, Schädigungen der Spermien-DNA sowie Spermienmotilität und -konzentration untersucht. Darüber hinaus wurden die Körpermaße (Größe, Gewicht, Body-Mass-Index, Bauchumfang, Körperfettanteil) der Männer ermittelt. Die Schwangerschafts- und Geburtenrate bei den Partnerinnen der Studienteilnehmer wurde auch noch bis drei Monate nach Ende der Trainingsphase telefonisch abgefragt.

Durch das regelmäßige Training verbesserten sich sowohl die Körpermaße als auch die Entzündungs- und Oxidationsparameter sowie die Samenqualität signifikant, während in der Kontrollgruppe die Messwerte nahezu unverändert blieben. Der positive Trainingseffekt wurde in allen Subgruppen (Infertilitätsausprägungen) gleichermaßen beobachtet und hielt auch noch 30 Tage nach Trainingsende an. Korrelationsanalysen zwischen den verschiedenen Messparametern zeigten deutliche Zusammenhänge untereinander.
In der Trainingsgruppe wurden 191 Partnerinnen (= 74 %) von insgesamt 258 Teilnehmern schwanger, 5,8 % von diesen erlitten Fehlgeburten. In den ersten zwölf Studienwochen wurden 31 Frauen schwanger, in den mittleren zwölf Wochen 97 und in den letzten zwölf Wochen waren es 63 Frauen.
In der Kontrollgruppe kam es nur bei 2,7 % (7 von 263) der Partnerinnen zu Schwangerschaften, von denen nur drei ihr Kind lebend austrugen.

  • Asthenozoospermie = verminderte Spermienmotilität im Ejakulat
  • Asthenoteratozoospermie = verminderte Spermienmotilität im Ejakulat und morphologische Veränderungen der Spermien
  • Oligoasthenozoospermie = verringerte Spermienkonzentration und verminderte Spermienmotilität im Ejakulat
  • Oligospermie = verringerte Spermienkonzentration im Ejakulat
  • Oligoasthenoteratozoospermie = verringerte Spermienkonzentration und verminderte Spermienmotilität im Ejakulat sowie morphologische Veränderungen der Spermien

Einschätzung

Regelmäßige körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf ie Kompensation von oxidativem Stress und die Regulation von Immunparametern aus. Dies trifft gemäß der vorliegenden Studie nicht nur auf die allgemeine körperliche Verfassung zu, sondern auch auf die Zusammensetzung des Samenplasmas bei unfruchtbaren Männern. In einer früheren Studie [2] konnte diese positive Wirkung bereits bei gesunden Probanden erzielt werden.
Inwieweit das Krafttraining zusätzlich zum Ausdauertraining einen Anteil an dieser Verbesserung des Immun- und Oxidationsstatus sowie der Verbesserung der Samenqualität hat, bleibt offen. Hierzu müssten zunächst weitere Untersuchungen angestellt werden. Ein abwechslungsreicheres Training trägt in jedem Fall dazu bei, mehr Spaß daran zu haben und dabei zu bleiben.

Mit einem ausschließlichen Ausdauertraining konnten die Wissenschaftler in anderen Studien [3,4] an unfruchtbaren Männern positive Auswirkungen beobachten. Vergleicht man die Ergebnisse dieser beiden Arbeiten, lässt sich jedoch der Schluss ziehen, dass im Hinblick auf die erzielten Schwangerschaftsraten ein moderates Training [3] einem intensiven Training [4] vorzuziehen ist. So wurden 16,5 % der Partnerinnen der intensiv trainierenden Männer schwanger, während es bei den Männern mit dem moderaten Trainingsprogramm 70,5 % waren, also ähnlich viele wie in der hier vorgestellten Studie.

Literatur

1) Hajizadeh Maleki B, Tartibian B. Combined aerobic and resistance exercise training for improving reproductive function in infertile men: a randomized controlled trial. Appl Physiol Nutr Metab 2017; 42(12): 1293-1306. Abstract

2) Hajizadeh Maleki B, Tartibian B, Chehrazi M. The effects of three different exercise modalities on markers of male reproduction in healthy subjects: a randomized controlled trial. Reproduction 2017; 153(2): 157-174 Abstract

3) Hajizadeh Maleki B, Tartibian B. Moderate aerobic exercise training for improving reproductive function in infertile patients: a randomized controlled trial. Cytokine 2017; 92: 55-67. Abstract

4) Hajizadeh Maleki B, Tartibian B. High-intensity exercise training for improving reproductive function in infertile patients: a randomized controlled trial. J Obstet Gynaecol Can 2017; 39(7): 545-558. Abstract