Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Elektroakupunktur kann den Schmerzmittelbedarf bei einer Endosonografie senken
Studien kurz und knapp

Elektroakupunktur kann den Schmerzmittelbedarf bei einer Endosonografie senken

Von Petra Koczy

Akupunktur Magen-Darm

In einer Doppelblindstudie lag während einer endoskopischen Ultraschalluntersuchung der selbstkontrollierte Verbrauch an Propofol und Alfentanil bei Patienten mit begleitender Elektroakupunkturbehandlung deutlich niedriger als in der Kontrollgruppe.

Im Rahmen der Diagnostik bei Patienten mit Leber-Gallen-Problemen ist oftmals eine endoskopische Ultraschalluntersuchung (Endosonografie) erforderlich. Um die Untersuchung für die Betroffenen möglichst angenehm zu gestalten und sie erfolgreich durchführen zu können, werden den Patienten Beruhigungs- und Schmerzmittel verabreicht. Optimalerweise bewirkt die Medikation eine Schmerzlinderung und Beruhigung ohne vollständige Narkotisierung, welche eine Intubation und Beatmung des Patienten erforderlich machen würde. Auch unter einer fein abgestimmten Dosierung der Medikamente können diese jedoch noch einige Zeit nach der Behandlung zu Einschränkungen der Tagesaktivitäten (z.B. der Fahrtüchtigkeit) bei den Patienten führen.

Wissenschaftler aus Hongkong überprüften nun in einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie ihre Hypothese, dass eine begleitende Elektroakupunkturbehandlung die mit einer Endosonografie verbundenen Schmerzen und Beschwerden sowie den Analgetikum-Verbrauch während der Untersuchung verringern kann. 128 Personen, die erstmals endosonografisch untersucht werden sollten, wurden nach dem Zufallsprinzip einer Elektroakupunktur- oder einer Scheinakupunkturgruppe zugeordnet. Alle Patienten erhielten seitens des Anästhesisten eine Unterweisung in der selbstkontrollierten Sedativa- und Analgetikanutzung während des Eingriffs. Vor Beginn der Endosonografie wurden für die Akupunktur an relevanten Behandlungspunkten gegen Schmerz und Angst Nadeln in die Haut gestochen und mit definierter Reizstärke elektrisch stimuliert. Für die Scheinakupunktur wurden die Nadeln 15 mm jenseits der Akupunkturpunkte gesetzt, ohne die Haut zu penetrieren, und eine elektrische Stimulation vorgetäuscht. Für die Patienten, Endoskopisten, Anästhesisten und beteiligtes Pflegepersonal sowie den Gutachter war nicht erkennbar, welcher Behandlung der jeweilige Patient unterzogen wurde. Die Akupunktur- bzw. Scheinakupunkturbehandlung wurde 45 Minuten vor der Ultraschalluntersuchung begonnen und während der gesamten Untersuchungsphase fortgesetzt. Eine Überwachung der Vitalfunktionen erfolgte während der gesamten Behandlungsdauer und im Anschluss bis zur vollständigen Erholung der Patienten. Als primärer Untersuchungsparameter diente die Höhe des individuellen Propofol-Verbrauchs und als sekundäre Ergebnisse standen folgende Parameter im Fokus: Schmerz, Angst, Zufriedenheit und Bereitschaft der Patienten, die Untersuchung erneut durchführen zu lassen, die Zufriedenheit des Endoskopisten mit dem Eingriffsverlauf, gesamte Eingriffsdauer, Auftreten von Hypotonie und Sauerstoffunterversorgung.

Die Patienten der Elektroakupunkturgruppe nutzten signifikant seltener die Schmerzmittelpumpe und somit auch signifikant geringere Mengen der Arzneimittel. Die durchschnittliche, verwendete Propofolmenge betrug in der Akupunkturgruppe 0,15 mg/kg, in der Scheinakupunkturgruppe jedoch 0,77 mg/kg. Für Alfentanil lagen die Durchschnittswerte bei 0,38 mg/kg bzw. 1,92 mg/kg. Daraus ergibt sich ein um den Faktor fünf geringerer Verbrauch in der Elektroakupunkturgruppe, in der darüber hinaus die Messwerte für Schmerzen und Angst sowie die Eingriffsdauer signifikant niedriger und die Messwerte für die Zufriedenheit der Patienten und der Endoskopisten mit der Untersuchung sowie die Bereitschaft zu einer erneuten Endosonografie signifikant höher lagen als in der Kontrollgruppe. Bezüglich der Blutdruck- und Pulsmessungen ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Unerwünschte Wirkungen traten durch die Elektroakupunturbehandlung nicht auf.

Einschätzung

Eine begleitende Elektroakupunkturbehandlung während einer diagnostischen Endosonografie kann gemäß dieser Studienergebnisse eine Reduzierung der notwendigen Analgetika und Sedativa bewirken und das Wohlbefinden sowie die Zufriedenheit der Patienten während und nach dem Eingriff erhöhen. Da es sich um eine erste Studie in diesem Bereich handelt, ist noch offen, ob möglicherweise eine weitere Optimierung der Ergebnisse, z.B. durch eine veränderte Reizstärke bei der Elektroakupunktur, zu erzielen ist.

Für die Praxis stellt sich einerseits das Problem, dass ein erfahrener Akupunkteur für diese Behandlung anwesend sein muss, und andererseits der Zeitaufwand für den gesamten Eingriff, inklusive der vorbereitenden Elektroakupunkturbehandlung (hier 45 Minuten), sich stark erhöht. Ob sich die Begleittherapie letztlich doch rechnet, müsste in einer Kosten-Nutzen-Analyse ermittelt werden. Neben der Ersparnis an Sedativa und Analgetika könnte der Aufwand für die Regeneration der Patienten nach der Endosonografie geringer sein. Dieser Aspekt wurde in der vorliegenden Arbeit nicht betrachtet. Aus Patientensicht erscheint eine begleitende Elektroakupunktur auf jeden Fall wünschenswert.

Literatur

Teoh AYB, Chong CCN, Leung WW, Chan SKC, Tse YK, Ng EKW, Lai PBS, Wu JCY, Lau JYW. Electroacupuncture-reduced sedative and analgesic requirements for diagnostic EUS: a prospective, randomized, double-blinded, sham-controlled study. Gastrointest Endosc 2018; 87(2): 476-485. Abstract