Biofeedback stärkt die Stress-Stabilität von Einsatzkräften
Ein neues, speziell für im Krisenmanagement tätige Personen entwickeltes Biofeedback-Training wurde in einer randomisierten, kontrollierten Studie erfolgreich getestet.
Bei Großschadenslagen wie Naturkatastrophen, Terroranschlägen oder Unfällen mit vielen Beteiligten, aber auch in alltäglichen Notlagen sind Helfer verschiedenster Organisationen im Einsatz. Das Spektrum reicht von der Polizei über die Rettungskräfte von Bergwacht, Feuerwehren, THW oder Rotes Kreuz bis hin zu Kriseninterventionsteams/Notfallseelsorgern. Diese Arbeit in Krisensituationen stellt an die haupt- und ehrenamtlichen Helfer hohe, mit Stress verbundene Anforderungen, da unter Zeitdruck Risiken für alle Beteiligten (Opfer und Helfer) abgeschätzt und Entscheidungen zur weiteren Vorgehensweise getroffen werden müssen. Darüber hinaus prasseln viele akustische und visuelle Eindrücke auf die Krisenhelfer ein. Ein Training zur Erhöhung der Stress-Stabilität kann diesen Personen helfen, im Einsatz ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten und stressbedingte, gesundheitliche Belastungen bis hin zu Traumata zu vermeiden.
Biofeedback ist eine mögliche Technik Stressmanagement durch Selbstkontrolle zu erlernen und in entsprechenden Situationen anzuwenden. Computergestützt wird dabei mittels entsprechender Sensoren der trainierenden Person eine unmittelbare Rückmeldung über biologische, durch das vegetative Nervensystem gesteuerte Prozesse im eigenen Körper (z.B. Herz- oder Atemfrequenz, Blutdruck, Hautwiderstand, Muskelspannung) gegeben. So wird der Einfluss von Stressoren sichtbar, aber genauso selbstregulatorische Maßnahmen, wie beispielsweise die bewusste Änderung der Atmung und die damit verbundene Entspannung.
Stress
Tipps und Tricks mit dem Stress umzugehen
Tipps und Tricks mit dem Stress umzugehen
Michael Elies · Annette Kerckhoff
ISBN: 978-3-96562-067-4
Erscheinungsjahr: 2023
6,90 EUR
Zum Shop »In den vier letzten Trainingsstunden wurden die Teilnehmer mit für Krisenmanager spezifischen Elementen in Form von akustischen (schreiende Menschen, Hubschraubergeräusche, Telefonklingeln), visuellen (z.B. Bilder eines Terroranschlags oder eines Flugzeugabsturzes), kognitiven (Rechenaufgaben) und verbalen (Alphabet rückwärts aufsagen) Stressoren konfrontiert oder sollten sich belastende Einsatzsituationen vorstellen. Dabei bestand ihre Aufgabe darin, die elektrodermale Aktivität unter diesem Einfluss auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten und danach möglichst schnell auf das Ausgangsniveau vor dem Stressimpuls zurückzukehren. An den trainingsfreien Tagen sollten die erlernten Entspannungstechniken in realen Stresssituationen des Arbeitsalltags angewendet und verfestigt werden.
Die Teilnehmer der Kontrollgruppe erhielten keinerlei Anwendungen, aber die Option auf eine Teilnahme an einem Biofeedback-Training nach Abschluss der gesamten Studienphase.
In beiden Gruppen wurde zu Studienbeginn, am Ende der sechswöchigen Trainingsphase und nach einer zweimonatigen Follow-up-Phase anhand eines Fragebogens das subjektive Stressempfinden erhoben. Als objektiver Parameter und Indikator für Veränderungen der vegetativen Reaktivität dienten die Messungen der elektrodermalen Aktivität während des Biofeedback-Trainings.
Während in der Kontrollgruppe das subjektive Stressempfinden im Laufe der Studie leicht anstieg, lag es in der Biofeedback-Gruppe sowohl nach der sechswöchigen Trainingsphase als auch noch zwei Monate nach Trainingsende signifikant niedriger als zu Studienbeginn. Die Messungen der maximalen elektrodermalen Aktivität der Biofeedbackgruppe zeigten durch eine beständige Abnahme von Trainingseinheit zu Trainingseinheit den stressstabilisierenden Effekt der Übungen. Insgesamt verfügten die Krisenmanager bereits zu Studienbeginn über eine ausgeprägte Fähigkeit, ihre vegetative Erregung zu kontrollieren.
Einschätzung
In dieser klinischen Studie wurde zum ersten Mal der Effekt eines speziell auf die Zielgruppe abgestimmten Biofeedbackprogramms auf die Stress-Stabilität von Krisenmanagern untersucht. Obwohl die Studienteilnehmer schon mit relativ guten Werten in die Studie starteten, konnte eine weitere Verbesserung des subjektiven Stressempfindens durch das Biofeedback-Training erzielt werden. Es ist anzunehmen, dass die Teilnehmer aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung bereits über Stressmanagementstrategien verfügten. Bedauerlicherweise wurden in der vorliegenden Studie hierzu keine Daten erhoben. Dass dennoch statistisch signifikante Verbesserungen durch das Biofeedbacktraining erzielt wurden, lässt den Schluss zu, dass dieses zielgruppenorientierte Biofeedbackprogramm eine sinnvolle Maßnahme zur psychologischen Unterstützung von Krisenmanagern in ihrem höchst anspruchsvollen Job sein kann.
Literatur
Janka A, Adler C, Brunner B, Oppenrieder S, Duschek S. Biofeedback training in crisis managers: a randomized controlled trial. Appl Psychophysiol Biofeedback 2017; 42(2): 117-125. Abstract