Proteinstruktur von Nervenzellen im Gehirn nach COVID-Infektion verändert
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Forschung Wissenschaft COVID
Eine Forschungsgruppe der Tierärztlichen Hochschule in Hannover konnte nachweisen, dass nach einer COVID-Infektion Proteinansammlungen und Strukturveränderungen im Gehirn auftreten, die auch bei Alzheimer und Parkinson bekannt sind.
Forschungsteam der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersucht Zellveränderungen nach COVID-Infektion
Neurologische Symptome wie kognitive Störungen, Erschöpfung oder Brainfog sind typische Kennzeichen einer Post- oder Long-COVID-Erkrankung. Um wirksame Behandlungsmethoden zu entwickeln, die über rein rehabilitative Maßnahmen hinausgehen, wird intensiv an Ursachen und medizinischen Zielparametern geforscht.
Ein Forschungsteam der Tierärztlichen Hochschule in Hannover konnte in einer Studie nachweisen, dass sich nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion die Proteinstruktur der Nervenzellen im Gehirn verändert. Derartige Strukturveränderungen treten auch bei Parkinson- und Alzheimer-Patienten auf. Sie könnten die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen erklären, über die zahlreiche Menschen klagen, die von Long-COVID betroffen sind. Darüber hinaus belegte das Forschungsteam, dass die Immunzellen des Gehirns – die Mikrogliazellen – sowohl zu Beginn einer Infektion als auch nach Abklingen der Symptome anhaltend aktiviert waren.
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Naturheilkunde als Unterstützung bei postviralen Beschwerden
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Erscheinungsjahr: 2021
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Das Forschungsteam um Professorin Dr. Franziska Richter Assencio, Leiterin des Instituts für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) infizierte für die Studie in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Virologie Goldhamster mit dem SARS-CoV-2-Virus. Nach 3 beziehungsweise 14 Tagen wurden Präparate der Goldhamster-Gehirne angefertigt. Im Anschluss wurden die Schnitte der Hamster-Gehirne, die den Zustand während und nach überstandener Infektion abbilden, immunohistochemisch analysiert.
Ergebnis:
Das Forschungsteam fand eine deutliche Aktivierung von Mikrogliazellen im Gehirngewebe. Mikrogliazellen stellen das lokale Verteidigungs- und Immunsystem des Gehirns dar, das für den Schutz des Zentralen Nervensystems verantwortlich ist. Sobald pathogene Faktoren im Gehirn vorliegen – wie in diesem Fall die SARS-CoV-2-Viruslast im Epithel der Nasenhöhle und im Riechkolben des Gehirns – werden die Mikroglia aktiviert und verwandeln sich von ruhenden Zellen in eine amöboide Form. Dieser Prozess konnte durch die Studie für den Beginn der Infektion belegt werden. Die Aktivierung der Mikroglia konnte auch 14 Tage nach der Infektion noch nachgewiesen werden. Dies weist darauf hin, dass ein anhaltender und möglicherweise fortschreitender neuroinflammatorischer Prozess angestoßen wurde, der noch über das Abklingen der eigentlichen klinischen Erkrankung hinaus fortdauert. Studien im Zusammenhang mit der Erforschung von Parkinson, Multipler Sklerose und Alzheimer hatten erst vor wenigen Jahren gezeigt, dass die Mikroglia auch bei diesen Erkrankungen ein hohes Aktivierungsniveau aufweisen.
Zudem fand die Forschungsgruppe Anhäufungen von Alpha-Synuclein-Proteinen, die zu Fehlfaltungen neigen, sowie von in ihrer Struktur veränderten Tau-Proteinen in den Nervenzellen der Großhirnrinde. Diese Proteine spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson. Dass nicht alle Hirnregionen gleichermaßen von der Aktivierung betroffen waren, stellt eine weitere Gemeinsamkeit dieser Long-COVID-Auswirkungen und andere neurodegenerativer Erkrankungen dar.