Komplementäre und
Integrative Medizin
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Ernährung in der Prävention und Therapie unter Berücksichtigung der planetaren Grenzen
Zwischenbericht

Ernährung in der Prävention und Therapie unter Berücksichtigung der planetaren Grenzen

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Ernährung Planetary Health

Unser Nahrungsmittelsystem trägt maßgeblich zur Klimakrise bei, wobei die Herstellung tierischer Lebensmittel sich besonders schädlich auswirkt. Eine Ernährungswende wird daher dringend benötigt, nicht nur um die individuelle Gesundheit der und des Einzelnen, sondern auch die Gesundheit des Planeten zu erhalten. Dr. Kristin Hünninghaus leistet mit ihrem von der Carstens-Stiftung geförderten Projekt hierzu wertvolle Beiträge. Das Projekt setzt dort an, wo eine möglichst große Zahl von Menschen erreicht werden kann: Bei der Nahrungsmittelversorgung der Gemeinschaftseinrichtung Krankenhaus. Der Zwischenbericht nach dem ersten Jahr liegt nun vor.

Ernährung in deutschen Kliniken

Das Projekt gliedert sich in drei Forschungsvorhaben. Im Rahmen des ersten, „Stellenwert der Ernährung in deutschen Kliniken – eine Bestandsaufnahme“, konnte bereits eine (teil-)standardisierte Umfrage unter 571 Mitarbeitenden und 439 Patient*innen der Universitätsklinik Essen durchgeführt werden. Darin zeigte sich, dass der Großteil der Befragten mit der aktuellen Verpflegungssituation nicht zufrieden ist und dass gesunde Speisen als sehr wichtig für den Behandlungserfolg im Krankenhaus erachtet werden. Die Befragten messen den Aspekten Geschmack, Gesundheit und Tierwohl bei der Ernährung einen besonderen Stellenwert bei, gleichzeitig besteht eine große Bereitschaft zu einer Reduktion des Fleischkonsums. Die Befragung soll zum Abschluss des Gesamtprojektes wiederholt und die Ergebnisse sollen im Rahmen eines Vorher-Nachher-Vergleichs gegenübergestellt werden.

Des Weiteren soll eine Analyse der ernährungsphysiologischen Zusammensetzung der Speisen und ihrer ökologischen Bilanz erfolgen. Es wurde bereits Zugang zum Warenwirtschaftssystem des zuständigen Catering-Unternehmens erlangt. Eine statistische Auswertung ist bis zum Ende des Jahres geplant.

Ernährungskonzepte in Gemeinschaftseinrichtungen

Das zweite Forschungsvorhaben „Pflanzen-basierte Ernährung in Gemeinschaftseinrichtungen – eine systematische Übersichtsarbeit“ soll die Frage klären, ob und in welchem Umfang bereits mediterrane, vegetarische oder vegane Ernährungskonzepte in Gemeinschaftseinrichtungen etabliert wurden und inwiefern dies Einfluss auf z.B. die Liegeverweildauer, die Zufriedenheit und Lebensqualität der Patient*innen, die Behandlungskosten und die Prognose hatte. Auf diese Weise sollen Best Practice-Beispiele ermittelt werden. Im Rahmen einer umfangreichen Literaturrecherche konnten 16 Studien identifiziert werden, die Publizierung der Ergebnisse ist ebenfalls bis Ende des Jahres vorgesehen.

Nachhaltige und gesunde Ernährung in der Universitätsklinik Essen

Die aufschlussreichen Ergebnisse aus dem zweiten Forschungsvorhaben fließen in das dritte ein: Das Transformationsprojekt „Green Hospital Food“ – die Umsetzung einer nachhaltigen und gesunden Ernährung in der Universitätsklinik Essen – ist mit Abstand das arbeitsintensivste Projekt. So müssen multiple Stakeholder in regelmäßigen Abständen überzeugt und in Entscheidungen miteinbezogen werden. Das Projektteam, das sich u.a. aus Diätassistenz, Köchen, Mitarbeitenden des Caterers, Pflegekräften und Ernährungswissenschaftler*innen zusammensetzt, trifft sich vierteljährlich zum Austausch.

In den Zwischenzeiten wurden bereits mehrere Teile des Projektes umgesetzt. So konnte beispielsweise eine rein pflanzliche Menülinie in der Mitarbeiterverpflegung etabliert werden, welche sich großer Beliebtheit erfreut. Außerdem wird der Speiseplan der 1200 Patient*innen stetig optimiert und durch neue pflanzliche Gerichte ergänzt. Im Sinne des „Nudgings“ wurde die Reihenfolge der Speisen in der Patientenverpflegung umgestellt, sodass das pflanzenbasierte Gericht nun an erster Stelle aufgeführt ist. Für einen Zeitraum von vier Wochen wurde es ebenfalls als „Empfehlung der Küche“ hervorgehoben. Diese Intervention wurde im Rahmen einer Dissertation wissenschaftlich ausgewertet. Die Publikation ist in den kommenden Monaten geplant.

Ein weiterer Teil von „Green Hospital Food“ ist die Reduktion der Lebensmittelverschwendung an der Universitätsklinik Essen. Durch eine umfangreiche Messung konnte aufgezeigt werden, dass jährlich 312 Tonnen Lebensmittel in der Patienten- und Mitarbeiterverpflegung anfallen. Ziel ist es, die Verschwendung von Lebensmitteln um mindestens 30% zu reduzieren und so einen Beitrag zur „Nationalen Strategie gegen Lebensmittelverschwendung“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu leisten. Ein entsprechender Maßnahmenkatalog wurde erstellt, die schrittweise Umsetzung läuft. Auch diese Maßnahmen sollen wissenschaftlich ausgewertet werden. Eine erneute Messung ist für Oktober dieses Jahres anberaumt.

Öffentliche Resonanz

Das Transformationsprojekt „Green Hospital Food“ erzielt schon jetzt eine große Öffentlichkeitswirksamkeit. So gilt es als Aushängeschild der Nachhaltigkeitsbewegung der Universitätsmedizin Essen. Mediales Interesse zeigt sich u.a. in Veröffentlichungen im GVmanager (einer Branchenfachzeitschrift für Führungskräfte in der Großgastronomie und Gemeinschaftsverpflegung), im Deutschen Ärzteblatt, in der Zeitschrift für Komplementärmedizin und im Jahrbuch der DIVI 2023. Auf mehreren Fachkongressen und Symposien stieß die Vorstellung des Projektes auf reges Interesse, darunter etwa das Symposium der Allianz Klimawandel und Gesundheit, das Green Hospital Excellence Forum in Frankfurt oder die ÄGHE-Fortbildungstagung in München.

Zusammen mit verschiedenen führenden Ernährungsexpert*innen verfasste Dr. Hünninghaus einen von über 4000 Unterzeichnern unterstützten offenen Brief an die Minister Cem Özdemir und Prof. Dr. Karl Lauterbach, der durch ein persönliches Schreiben beantwortet wurde. Dr. Hünninghaus wurde im Juni dieses Jahres außerdem als Sachverständige in den Gesundheitsausschuss zum Thema „Prävention und Therapie von Mangelernährung im Krankenhaus“ geladen.

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61