Akupunktur als Behandlungsoption bei chronischem Prostatitis/Beckenschmerz-Syndrom
Eine engmaschige, achtwöchige Akupunkturbehandlung linderte in einer placebokontrollierten Studie die Schmerzen und Harnwegsbeschwerden von Männern mit chronischer Prostataentzündung und chronischen Beckenbodenschmerzen nachhaltig.
Schmerzen wechselnder Stärke im Genital-, Damm- und Analbereich sowie Störungen beim Wasserlassen oder bei der Erektion und Ejakulation sind typische körperliche Beschwerden bei einer chronischen Prostataentzündung bzw. dem chronischen Beckenschmerzsyndrom, welche zu den häufigsten urologischen Erkrankungen bei Männern unter 50 Jahren gehören. Die daraus resultierenden Einschränkungen auf emotionaler, sexueller und Verhaltensebene können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich mindern.
Konventionelle Therapieansätze stützen sich auf den Einsatz von nicht-steroidalen Entzündungshemmern, Alpha-Blockern oder, im Falle einer Infektion, Antibiotika. Aufgrund möglicher unerwünschter Nebenwirkungen durch diese Medikamenteneinnahme und ihrer nicht hundertprozentig zuverlässigen Wirksamkeit besteht großes Interesse an alternativen oder ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten. Hierzu zählt die Akupunktur, deren Effektivität und Sicherheit bereits in früheren Studien konstatiert wurde.
Akupunktur zwischen Mythos und Moderne
Anregung, das Vorgehen klinischer Akupunkturstudien zu modernisieren
Anregung, das Vorgehen klinischer Akupunkturstudien zu modernisieren
Iven Tao
ISBN: 978-3-933351-83-8
Erscheinungsjahr: 2009
16,30 EUR
Zum Shop »Der Gesamtwert des NIH-CPSI lag nach acht Wochen Behandlung in beiden Gruppen niedriger als zum Studienbeginn. Während er in der Sham-Akupunkturgruppe 5,1 Punkte niedriger lag (Ausgangswert 26) und bei den Folgemessungen wieder anstieg, wurde in der Akupunkturgruppe eine Reduktion um 10,8 Punkte in Woche acht und bis zur Woche 32 eine weitere Minderung um 0,5 Punkte verzeichnet (Ausgangswert 28). Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war nach der Behandlungsphase zu allen Zeitpunkten signifikant unterschiedlich zugunsten der Akupunktur. Auch hinsichtlich der sekundären Zielparameter konnte eine Überlegenheit der Akupunktur gegenüber der Placebo-Behandlung beobachtet werden. Für einzelne Parameter wie Schmerzstärke und Lebensqualität zeichnete sich diese Überlegenheit erst ab Woche acht ab. Die Patienten in der Akupunkturgruppe waren deutlich zufriedener mit der Therapie als die Patienten der Sham-Akupunkturgruppe, obwohl beide Gruppen zu Studienbeginn eine etwa gleich hohe Erwartung an die Behandlung hatten und ähnliche Vermutungen hinsichtlich ihrer Zuteilung zur Verum- oder Placebo-Gruppe anstellten (0 % Placebo, 82,4 % / 85,3 % Akupunktur, 17,6 % / 14,7 % unklar). Als unerwünschte Wirkungen der Behandlung wurden moderate Schmerzen und Hämatome von vier Patienten der Akupunkturgruppe und Erschöpfung nach der Behandlung von einem Patienten der Sham-Akupunkturgruppe berichtet.
Einschätzung
Übereinstimmend mit früheren Studien führte die Akupunkturbehandlung zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden von Patienten mit chronischem Prostatitis/Beckenschmerz-Syndrom.
Neue Erkenntnisse aus der vorliegenden Arbeit sind zum einen, dass offenbar eine gewisse Mindestbehandlung erforderlich ist, da in der Studie erst nach mehr als zwölf Behandlungen eine Verbesserung des NIH-CPSI-Gesamtwertes um mehr als 50 % im Vergleich zum Ausgangswert erreicht wurde, und zum anderen, dass die Wirkung der Akupunktur auch noch mehrere Wochen nach Behandlungsende anhält.
Leider gibt es in der Publikation keine Informationen dazu, in welchem Maße eine Notfallmedikation in Anspruch genommen wurde und ob sich diesbezüglich ein Unterschied zwischen den Gruppen erkennen lässt.
Literatur
Qin Z, Zang Z, Zhou K, Wu J, Zhou J, Kwong JSW, Liu Z. Acupuncture for Chronic Prostatitis/Chronic Pelvic Pain Syndrome. J Urol 2018; 200(4): 815-822. Abstract