Komplementäre und
Integrative Medizin
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Reduziert Yoga Angst von Menschen mit Panikstörung?

Reduziert Yoga Angst von Menschen mit Panikstörung?

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Komplementärmedizin Depression

Wiederkehrende Panikattacken sind eine enorme Belastung, aber Betroffene erhalten leider nicht immer sofort einen Therapieplatz. Kann Yoga helfen?

Dieser Frage geht eine aktuelle Studie (1) nach.

Panik als Erkrankung

Eine Panikstörung zeichnet sich durch wiederkehrende und unerwartet auftretende Panikattacken aus. Eine solche Attacke äußert sich in starker Angst mit entsprechenden physiologischen Auswirkungen – typisch sind ein erhöhter Herzschlag, Hyperventilation und Kurzatmigkeit, starkes Schwitzen, Zittern sowie Benommenheit. Betroffene plagt zudem die ständige Befürchtung vor zukünftigen Attacken, ein Gefühl des Kontrollverlustes bis hin zur Todesfurcht kann sich entwickeln. (2-5)

Die Standardtherapie besteht aus psychotherapeutischen Interventionen, etwa kognitiver Verhaltenstherapie (6,7), und einem pharmakologischen Ansatz, etwa mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (8,9). Für beides, vor allem in Kombination, gibt es Evidenz (10,11). Allerdings neigen Menschen mit Panikstörung nicht selten dazu, sich zurückzuziehen und zunächst keine professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen; wenn man zusätzlich die teils langen Wartezeiten für einen Therapieplatz und mögliche Nebenwirkungen der Arzneimittel bedenkt, wird schnell klar: Nicht-medikamentöse Selbsthilfe-Strategien werden dringend benötigt! (12)

Depression

Depression

Möglichkeiten und Grenzen einer homöopathischen Begleitung, Komplementärmedizin und Ordnungstherapie

Annette Kerckhoff · Otto Ziehaus

ISBN: 978-3-945150-64-1
Erscheinungsjahr: 2016, 2. Aufl.

6,90 EUR

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Yoga als Therapieansatz

Da Yoga die körperliche und mentale Ebene miteinander verknüpft, könnte es eine geeignete Strategie für Menschen mit Panikstörung darstellen. Um dies zu prüfen, wurden insgesamt 64 ProbandInnen (mittleres Alter 25,77 Jahre, 54,7% Männer, 45,3% Frauen) mit entsprechender Diagnose in die Studie eingeschlossen und zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Während die Kontroll-Gruppe die Standardtherapie erhielt, praktizierte die Yoga-Gruppe zusätzlich zur Standardtherapie fünfmal pro Woche je 60 min. unter Anleitung Yoga. Dabei wurden Lockerungsübungen (Sukshma Vyayama), Sonnengrüße (Surya Namaskara), Posturen (Asana), Atemübungen (Pranayama) und Meditation (Anapana) kombiniert. Die Interventionsdauer betrug zwölf Wochen.

Die Ausgeprägtheit der Angst-Symptome wurde mittels Hamilton Anxiety Rating Scale (HMA-A) bewertet, zusätzlich kam der Fragebogen World Health Organization Quality of Life-BREF (WHOQOL-BREF) zum Einsatz, um die Lebensqualität hinsichtlich körperlicher, psychologischer, sozialer und Umwelt-Aspekte zu erfassen. (13-16)

Ergebnis

Innerhalb der Kontroll-Gruppe zeigte sich im Vorher-Nachher-Vergleich nach zwölf Wochen sowohl eine signifikante Verbesserung im HMA-A von 46,78 ±4,49 auf 31,91 ±4,66, als auch im WHOQOL-BREF mit einer Effektgröße von 3,25.

Gleiches trifft für die Yoga-Gruppe zu, allerdings war der mittels HMA-A erfasste Angst-Level hier noch stärker gefallen, von 49,13 ±4,55 auf 13,53 ±5,54. Ebenso weist die mittels WHOQOL-BREF registrierte Effektgröße von 7,02 auf eine noch deutlichere positive Veränderung hin.

Vergleicht man Kontroll- und Yoga-Gruppe miteinander, so schneidet letztere signifikant besser ab.

Fazit

Die Ergebnisse sind vielversprechend, allerdings weist die Studie auch einige deutliche Schwächen auf. Hier ist zunächst die geringe ProbandInnenzahl zu nennen; aber auch die Tatsache, dass alle Teilnehmenden im selben Krankenhaus rekrutiert wurden, verhindert eine Verallgemeinerbarkeit.

Nicht nachvollziehbar ist der Schluss der Autoren, Yoga könne bei Panikstörungen sowohl als komplementärer als auch alternativer(!) Ansatz gelten – ersteres ist plausibel, letzteres hingegen nicht; schließlich wurde Yoga doch zusätzlich(!) zur Standardtherapie praktiziert.

Interessant für zukünftige Studien könnte die Untersuchung möglicher Langzeit-Effekte (länger als zwölf Wochen) sowie die Erprobung individueller Yoga-Pläne zur eigenständigen Durchführung z.B. zuhause – ganz im Sinne einer Selbst(!)hilfe-Strategie – sein.

Literatur zu "Reduziert Yoga Angst von Menschen mit Panikstörung?"

1) Yadla VS, Nj P, Kamarthy P, Matti MR. Effect of Integrated Yoga as an Adjuvant to Standard Care for Panic Disorder: A Randomized Control Trial Study. Cureus. 2024 Jan 31;16(1):e53286. doi: 10.7759/cureus.53286. PMID: 38435873; PMCID: PMC10905419. Link

2) Reducing the symptomatology of panic disorder: the effects of a yoga program alone and in combination with cognitive-behavioral therapy. Vorkapic CF, Rangé B. Front Psychiatry. 2014;5:177. Link

3) American Psychiatric Association. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders: DSM-5. Washington, D.C.: American Psychiatric Association; 2013. Link

4) Western Historical perspectives of panic disorder - an overview. Yadla VS, Patil NJ, Prabhakar K. Shodh Samiksha. 2022;12:212–225. Link

5) Cackovic C, Nazir S, Marwaha R. Treasure Island: StatPearls Publishing; 2021. Panic Disorder. Link

6) Yoga-enhanced cognitive behavioural therapy (Y-CBT) for anxiety management: a pilot study. Khalsa MK, Greiner-Ferris JM, Hofmann SG, Khalsa SB. Clin Psychol Psychother. 2015;22:364–371. Link

7) Are there advances in pharmacotherapy for panic disorder? A systematic review of the past five years. Caldirola D, Alciati A, Riva A, Perna G. Expert Opin Pharmacother. 2018;19:1357–1368. Link

8) Christiansen T. Umatilla: The Recovery Village; 2022. Panic Disorder Symptoms and Treatment. Link

9) Generalized anxiety disorder, panic disorder - diagnosis and treatment. Machaj D, Płaczek A, Cyboran K, Kuc M, Białas F. J Educ Health Sport. 2022;12:780–783. Link

10) Panic disorder: current research and management approaches. Kim YK. Psychiatry Investig. 2019;16:1–3. Link

11) Diagnosis and treatment of agoraphobia with panic disorder. Perugi G, Frare F, Toni C. CNS Drugs. 2007;21:741–764. Link

12) A family study of panic disorder. Crowe RR, Noyes R, Pauls DL, Slymen D. Arch Gen Psychiatry. 1983;40:1065–1069. Link

13) Amir M, Fleck M, Herrman H, Lomachenkov A, Lucas R, Patrick D. Reliability, validity and reproducibility of the Whoqol-Bref in six countries. [ Jan; 2024 ]. 2003. Link

14) The attributable burden of panic disorder in the impairment of quality of life in a national survey in Italy. Carta MG, Moro MF, Aguglia E, et al. Int J Soc Psychiatry. 2015;61:693–699. Link

15) Development of the World Health Organization WHOQOL-bref quality of life assessment. The WHOQOL group. Psychol Med. 1998;28:551–558. Link

16) Yoga on our minds: a systematic review of yoga for neuropsychiatric disorders. Balasubramaniam M, Telles S, Doraiswamy PM. Front Psychiatry. 2012;3:117. Link

Michèl Gehrke, M.A.
Michèl Gehrke, M.A.

Pressesprecher

Telefon: 0201 56 305 61