Komplementäre und
Integrative Medizin
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Carstens-Stiftung: Vorsicht bei der Kalziumeinnahme
Studien kurz und knapp

Vorsicht bei der Kalziumeinnahme!

Hochdosierte Präparate erhöhen das Infarktrisiko: Eigentlich nimmt man Nahrungsergänzungsmittel im Glauben an ihren gesundheitlichen Effekt. Dieser Glaube wir durch die Ergebnisse einer aktuellen Studie erschüttert. Dort wird ein Zusammenhang zwischen Kalziumpräparaten und erhöhtem Herzinfarktrisiko suggeriert. Milch und Milcherzeugnisse indes seien gut für die Herzgesundheit.

Insbesondere ältere Menschen nehmen regelmäßig Kalziumpräparate ein, so z.B. Frauen in den Wechseljahren zur Erhaltung der Knochendichte bei Osteoporose.

Im Rahmen der sog. EPIC-Studie (EPIC = European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) untersuchte man nun im Rahmen einer in Heidelberg durchgeführten Teilstudie den Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Kalzium in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder als natürlichem Bestandteil der täglichen Ernährung und dem Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

Im Rahmen der Studie kamen die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass Menschen, die Kalziumtabletten in einer Tagesdosis von 820 Milligramm einnehmen, ihr Herzinfarktrisiko um ein Drittel senken könnten. Übersteigt die Tagesdosis an Kalzium jedoch 1100 Milligramm, ist dieser präventive Effekt nicht mehr zu beobachten. Im Vergleich mit Probanden, die gänzlich auf die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln verzichten, war das Herzinfarktrisiko bei Probanden, die regelmäßig Kalziumpräparate zu sich nahmen, sogar um 86 Prozent erhöht.

Vorsicht bei der Kalziumeinnahme

Insgesamt erlitten 354 Studienteilnehmer einen Herzinfarkt und 260 einen Schlaganfall. Diese Erkenntnisse beruhen auf Daten von insgesamt rund 24.000 Teilnehmern zwischen 35 und 64 Jahren (zu Studienbeginn) über einen Zeitraum von elf Jahren, deren Ernährungsgewohnheiten mittels Fragebögen erhoben wurden. Demgegenüber stellten die Wissenschaftler fest, dass diese Gefahr für die Herzgesundheit bei Probanden, die Kalzium über den Verzehr von Nahrungsmitteln aufnahmen, nicht bestehe.

Einschätzung

Vergangene Studienresultate [1,2], die auf ein erhöhtes Herzinfarktrisiko durch die regelmäßige Einnahme von Kalziumpräparaten hindeuten, konnten durch die Heidelberger Studie bestätigt werden [3]. Die Wissenschaftler vermuten, dass die täglich punktuell zugeführte hohe Kalziumdosis über Nahrungsergänzungsmittel zu kurzfristig erhöhten Konzentrationen von Kalzium im Blut führe. Dieses lagert sich in den Gefäßen ab, was zu einer Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) führen kann, der Vorstufe von Herzerkrankungen wie dem Herzinfarkt. Dieser Prozess ist bei einer Kalziumaufnahme über Nahrungsmittel wie Milch, Milchprodukten und anderen kalziumhaltigen Lebensmitteln nicht gegeben, da das Kalzium über den Tag verteilt aufgenommen werde. Im Gegenteil, es existiert die Vermutung, dass der regelmäßige Konsum von Milch und Milchprodukten (wie z.B. Joghurt) sich positiv auf die Herzgesundheit auswirke [4,5].

Die Wissenschaftler resümieren jedoch, dass im Rahmen zukünftiger Studien intensiv geprüft werden müsse, ob bei Kalziumtagesdosen von weniger als 1000 Milligramm ein ähnlich hohes Infarktrisiko besteht. Bis dahin bleibt nur, vorsichtig mit der Einnahme von Kalziumpräparaten zu sein und vielleicht sogar einen großen Teil des Kalziums über die tägliche Ernährung zu sich zu nehmen.

Literatur

1) Bolland MJ, Avenell A, Baron JA, Grey A, MacLennan GS, Gamble GD, Reid IR. Effect of calcium supplements on risk of myocardial infarction and cardiovascular events. Meta-analysis. BMJ 2010; 341: c3691 (oi: 10.1136/bmj.c3691) Abstract

2) Bolland MJ, Grey A, Gamble GD, Reid IR. Calcium and vitamin D supplements and health outcomes. A reanalysis of the Women’s Health Initiative (WHI) limited-access data set. Am J Clin Nutr 2011; 94: 1144-1149 Abstract

3) Li K, Kaaks R, Linseisen J, Rohrmann S. Associations of dietary calcium intake and calcium supplementation with myocardial infarction and stroke risk and overall cardiovascular mortality in the Heidelberg cohort of the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition study (EPIC-Heidelberg). Heart 201; 98: 920-925 Abstract

4) Ivey KL, Lewis JR, Hodgson JM, Zhu K, Dhaliwal SS, Thompson PL, Prince RL. Association between yogurt, milk, and cheese consumption and common carotid artery intima-media thickness and cardiovascular disease risk factors in elderly women. Am J Clin Nutr 2011; 94:234-239 Abstract

5) Crippa G, Bosi M, Cassi A, Ross F. Effect on blood pressure of dietary integration with Grana Padano cheese. Final results (Abstract of the American Society of Hypertension, Annual Scientific Meeting, New Yor, May 19-22, 2012). J Clin Hypertens 2012; 14 Suppl 1:18 Abstract